Politiken der Translation in Italien

Die Translationswissenschaft hat in den letzten Jahren ein zunehmendes Bewusstsein dafür entwickelt, dass Nationenbildungsprozesse immer auch als Prozesse der sprachlichen und literarischen Kohärenzbildung zu betrachten sind, die sich stets in engster Auseinandersetzung mit konkurrierenden Sprachen und Kulturen und mithin maßgeblich auch via Übersetzung vollziehen. Über den 'Umweg' der deutsch-italienischen (Übersetzungs-)Geschichte bieten die Autorinnen und Autoren dieses Bandes einen frischen Blick auf die Kulturgeschichte des Risorgimento und der folgenden Jahrzehnte. Durch die Verknüpfung unterschiedlicher Ebenen der historischen Translationsforschung, die von der interkulturellen, politischen und diskursiven Makroebene bis hin zur Mikroebene konkreter Übersetzungsentscheidungen reichen, wird ein facettenreiches Bild von ca. eineinhalb Jahrhunderten deutsch-italienischer Übersetzungsgeschichte gezeichnet. Der translatologische Fokus auf den Akteuren, Praktiken, Institutionen und Politiken der Übersetzung erlaubt es dabei, eine bis dato wenig beleuchtete Kontinuität der kulturellen Beziehungen zwischen Italien und den deutschsprachigen Ländern nachzuzeichnen, die bis in die Ära des Faschismus reicht.