Politische Klasse und Verfassung.

Zur »politischen Klasse« zählt eine neue Forschungsrichtung Politiker, die - in der Terminologie von Max Weber - nicht (nur) für die Politik, sondern von der Politik leben, also Berufspolitiker mit eigenen, sozusagen klassenspezifischen Interessen. Der Begriff »Verfassung« wird in einem weiten, dreifachen Sinne verstanden: Er umfaßt a] die Summe der in der Verfassungsurkunde niedergelegten Normen (Verfassung im formellen Sinne), b] bestimmte grundlegende einfachgesetzliche Normen zum Beispiel über Wahlrecht und Politikfinanzierung (Verfassung im materiellen Sinne) sowie c] die realen Macht- und Interessenverhältnisse, die sich in Konventionen und politischen Handlungsmustern niederschlagen (Verfassung im soziologischen Sinne). Die Beziehungen zwischen politischer Klasse und Verfassung sind ambivalent: Die Verfassung soll die politische Klasse eigentlich begrenzen, diese kann die Verfassung aber umgekehrt auch nach ihren Bedürfnissen gestalten oder Anpassungen an neue Gegebenheiten verhindern - mit gefährlichen Folgen für elementare Prinzipien der Demokratie. Der vorliegende Band enthält die Referate, die auf der 4. Speyerer Demokratietagung Ende Oktober 2000 gehalten wurden. Ziel dieser Tagung war es, das spannungsreiche Verhältnis von politischer Klasse und Verfassung, das in Forschung und öffentlicher Diskussion bisher stark unterbelichtet ist, am Beispiel charakteristischer Bereiche auszuleuchten und mögliche Wege zu Reformen zu weisen.

Hans Herbert von Arnim ist Jurist und Volkswirt. Nach der arbeitsrechtlichen Promotion in Heidelberg leitete er zehn Jahre lang das Forschungsinstitut des Bundes der Steuerzahler in Wiesbaden. Er habilitierte sich in Regensburg, für Öffentliches Recht, Finanz- und Steuerrecht, lehrte in München und Marburg und folgte 1981 dem Ruf der Deutschen Hochschule (heute: Universität) für Verwaltungswissenschaften Speyer, wo er auch über seine Pensionierung hinaus lehrt und forscht. Von 1993 bis 1995 war er Rektor der Hochschule. Sein Thema sind Grundfragen von Staat und Gesellschaft, was direkte Einmischung in die Politik aber nicht ausschließt.

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