Produktive Rezeption und dekonstruktive Produktion

Studienarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Germanistik - Komparatistik, Vergleichende Literaturwissenschaft, Note: 1,0, Universität Mannheim (Seminar für deutsche Philologie. Neuere Germanistik I: Neuere deutsche Literaturwissenschaft), Veranstaltung: Produktive Rezeption im Film, im Hörspiel und in der Oper, Sprache: Deutsch, Abstract: Ob auf historisch getreue oder freie, abstrakte und im Kontext ihrer Zeit 'moderne' Art und Weise wurde der Stoff um die historische Figur des Sturm- und Drangdichters Jacob Michael Reinhold Lenz schon mehrfach zu Filmen wie LENZ - ICH ABER WERDE DUNKEL SEIN von Egon Günther (1992) oder LENZ von Thomas Imbach (2006) verwoben. Im Gegensatz zu LENZ von George Moorse (1971), der mit zahlreichen Filmpreisen ausgezeichnet wurde, ist JONATAN BRIEL'S LENZ - EINE DEUTSCHE PHYSIOGNOMIK aus demselben Jahr dem Schicksal der Vergessenheit ausgeliefert. Zieht man Bilanz der Rezensionen aus dem Jahr 1971, als der Film im Nachtprogramm des ZDFs zu sehen war, kommt man zu dem Schluss, dass die KritikerInnen mit Briels Film mangels Vorwissen oder Kenntnisse über das Thema und seine Hintergründe wenig anfangen konnten. Briels Lenz-Film, denn als Verfilmung kann man ihn wohl kaum bezeichnen, muss als Versuch und nicht als abgeschlossenes Werk begriffen werden. Es ist kein Film über Lenz, sondern im Geiste von Lenz. Er kann nicht unter dem Genre Literaturverfilmung subsumiert werden, denn er ist weder eine Adaption von Georg Büchners Lenz-Novelle noch Peter Schneiders Neubearbeitung Lenz. Vielmehr ist der Film eine biographische, literarische und transtextuelle Annäherung des Regisseurs Briel an Gestalt und Persönlichkeit von J. M. R. Lenz mit Referenz auf die deutsche Geschichte und Gesellschaft. Das Kommunikat verfolgt politische, soziale und ästhetische Interessen und verweigert sich durch Einsatz zahlreicher Verfremdungseffekte der Einfühlung. Im Hinblick darauf lässt sich eine Parallele zwischen dem sozialen Drama von Lenz und dem Essayfilm Briels ziehen. Die verinnerlichten Normkonflikte der 68-er Generation werden mit denen des Sturm- und Drangdichters Lenz parallelisiert. Durch eine Gegenüberstellung des Films mit biographischen Zeitzeugnissen und den literarischen Grundlagetexten, dem Bericht Oberlins und Georg Büchners Lenz kann veranschaulicht werden, dass sich Briel in direkter und indirekter Weise verschiedenster Quellen bedient, einzelne Motive, Elemente und Figuren herausgreift, die er in den Filmtext integriert.

Verwandte Artikel

Weitere Produkte vom selben Autor