Psychisch kranke Menschen: Krankheit unter Ausschluss der Öffentlichkeit?

Wissenschaftliche Studie aus dem Jahr 2001 im Fachbereich Soziologie - Politische Soziologie, Majoritäten, Minoritäten, Note: 1,0, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Sprache: Deutsch, Abstract: In den letzten Jahren zeichnet sich in Deutschland ein deutlicher Trend zur Enthospitalisierung psychisch kranker Menschen im Bereich der klinischen Psychiatrie ab. So stiegen die Zahlen der aus dem Krankenhaus entlassenen vollstationär bhandelten Patienten zwischen 1994 und 1997 um 7.3% (vgl. StAB, ICD-3, 94-97). Im gleichen Zeitraum wurde die Anzahl der Betten in Krankenhäusern mit ausschließlich psychiatrischen Belegplätzen um 18.4% reduziert und 16 der ursprünglich 216 Kliniken gar ganz geschlossen (vgl. StAB, 12, 6.1, 93-97). An die Stelle der vollstationären Behandlung tritt mehr und mehr das Konzept der 'gemeindenahen Betreuung' psychisch Kranker. Bei dieser Betreuungsform wird dem Kranken im Rahmen einer ambulanten Therapie das Verbleiben in seinem all-täglichem sozialem Umfeld ermöglicht. Eine Behandlung bringt so nicht mehr zwangsläufig eine Entfremdung des Kranken von der Gesellschaft und mühsame Wiedereingliederung mit sich. Diese begrüßenswerte Entwicklung, psychisch Kranke nicht länger nur wegzuschließen, stößt jedoch immer wieder auf große Ablehnung in der Bevölkerung. Obwohl psychische Erkrankungen zu den häufigsten Leiden in Deutschland zählen, ist das Thema noch immer tabuisiert und von Vorurteilen behaftet. Gängige Redewendungen, wie 'in der Klappse' oder 'gestört sein', sowie das Klischee des un- berechenbaren und gefährlichen Geisteskranken bezeichnen die vorherrschende Distanz 'gesunder' Menschen zu psychisch Kranken.