Rechnungslegung, Gläubigerschutz und Agency-Probleme

Die Bilanztheorie - früher ein zentrales Gebiet betriebswirtschaftlicher Forschung - hat in den letzten Jahren sehr stark an Bedeutung eingebüßt. Dafür gibt es wahrscheinlich zahlreiche Ursachen. Eine Ursache scheint mir darin zu liegen, daß die traditionellen Ansätze, um zu Aussagen über den Zweck der Bilanzierung und über eine zweckmäßige Gestaltung der Bilanz zu gelangen, sich mehr und mehr als "stumpf' erwiesen haben, ja daß sogar erhebliche Zweifel an ihrer Verläßlichkeit aufgetaucht sind. Neue Impulse für die Bilanztheorie kamen in den vergangenen Jahren vorwiegend aus der Finanzierungs- und Kapitalmarkttheorie. Vor allem die Überlegungen zur Kapital­ markteffizienz haben eine heftige Diskussion über die traditionelle Informationsfunk­ tion des Jahresabschlusses ausgelöst und eine empirische Bilanzforschung initiiert. Ewert greift Anregungen der Finanzierungstheorie zur Neubegründung der Bilanztheo­ rie unter einem anderen Aspekt auf und entwickelt diese Ansätze weiter. Er zeigt, daß sich die Theorie fremdfinanzierungsbedingter Agency-Probleme offensichtlich sehr fruchtbar auf die Untersuchung von Problemen anwenden läßt, die in der Bilanztheorie bisher im Rahmen der Ausschüttungsbemessungs- oder Kompetenzabgrenzungsfunk­ tion des Jahresabschlusses behandelt wurden. Um Fremdkapital zu angemessenen Konditionen zu erhalten, müssen die Eigner ihren Handlungsspielraum und denjenigen ihrer Manager so beschränken, daß Ausbeutungen der Gläubigerposition möglichst ausgeschlossen, vorteilhafte Investitionen aber nicht unterbunden werden. Zu diesem Zweck werden stets auch Ausschüttungsrestriktionen benötigt.

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