Reich und Persönlichkeit.

Das Sein ist vom Anfang der westlichen Metaphysik an Ursprung und Urbild des Seienden. Es ist folglich das Prinzip der Existenz des Menschen und die Antwort auf die lebensbestimmende Frage nach seinem wahren Wesen. Die Einsicht in das Sein befindet sich daher jenseits des Dualismus, zwischen dem theoretischen Interesse an der Erkenntnis des Ursprungs von allem und dem praktischen Interesse an einem letzten Orientierungspunkt für die Lebensführung. Ist das Gute die freiwillige Nachahmung des Seins im menschlichen Bewusstsein, gibt es dabei keinen Raum für eine Ethik oder eine politische Philosophie, die Selbstständigkeit beanspruchen können. Fragt die Metaphysik danach, was das Sein des Seienden ist, ist der »Geist« die Antwort der Freiheitsschrift Schellings darauf. Ist das Vorherige richtig, zielt diese Geistesmetaphysik dann auf eine Umgestaltung des Selbstverständnisses des Einzelmenschen und dadurch auf die Schaffung einer herrschaftsfreien, universellen Gemeinschaft ab. Die Begriffe dafür sind die »Persönlichkeit« und das »neue Reich«.

Carlos Andrés Ramírez ist ein kolumbianischer Philosoph und Politologe. Nach einem Studium an der Universidad de los Andes (Bogotá/Kolumbien) und als Stipendiat des DAAD und der Konrad Adenauer Stiftung hat er im Bereich Philosophie an der Ruprechts-Karl Universität Heidelberg mit einer Arbeit über Schelling promoviert. Ramírez arbeitet seit 2008 an der Pontificia Universidad Javeriana in Cali mit dem Schwerpunkt politische Theorie. Bis 2014 war er Koordinator der Weiterbildungsprogramme der Universidad Javeriana im Bereich der Friedenskultur und der Menschenrechte. Seine letzten Veröffentlichungen behandeln die Hegemonietheorie und die soziale Ontologie. Aktuell arbeitet er an einem Forschungsprojekt über die Subjektivationsprozess der islamischen Partisanen in der Iranischen Revolution.