Religions- und Ethikunterricht im Kulturstaat.

Der Autor stellt in seiner Arbeit die staatsrechtliche Annäherung an ein politisches Problem dar: Es geht um die Wahrung kultureller Identität des Staatsvolkes. Diese Problematik wird aus Anlaß des Auftauchens eines Interpretationsproblems über die Rolle des Ethikunterrichts im kulturverfassungsrechtlichen und staatskirchenrechtlichen Rahmen der Verfassung erörtert. Im Zentrum der Arbeit steht die These, daß dem Grundgesetz durch Auslegung ein dort nicht ausdrücklich genanntes Prinzip der Kulturstaatlichkeit zu entnehmen ist. Kulturstaatlichkeit wird interpretiert als eine - auch verfassungsrechtliche - Rückbindung des Staates an die kulturellen Tatsachen, die seiner Existenz zugrunde liegen. Im Lichte des Kulturstaatsprinzips erscheint danach der Staat als Funktion eines konkreten, geschichtlich gewordenen Volkes, dessen kulturelle Prägung er in seinem Handeln zu berücksichtigen hat. Diese Sicht wird wesentlich durch zwei verfassungsrechtliche Gesichtspunkte gespeist: durch die Grundrechtsgebundenheit des Staates sowie das Demokratieprinzip. Das Kulturstaatsprinzip weist, so wird gezeigt, eine wesentliche Schutzfunktion für die kulturelle Identität und Integrität des Staatsvolkes auf und zieht staatlichem Handeln, soweit es auf wesentliche Daten kultureller Prägung keine Rücksicht nimmt, von Verfassungs wegen Grenzen. Es wird gezeigt, daß es sich bei Religions- und Ethikunterricht an öffentlichen Schulen um einen Anwendungsfall des Kulturstaatsprinzips handelt. Weiterhin werden die eingriffsdogmatischen Grundlagen der Verpflichtung zur Teilnahme am Ethikunterricht aufgearbeitet und dargestellt.