Religionskritik in Karl Gutzkows 'Wally, die Zweiflerin' - eine Analyse

Studienarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1,3, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (Germanistisches Seminar), Veranstaltung: Literaturgeschichte in exemplarischen Beispielen - Vormärz (Hauptseminar), Sprache: Deutsch, Abstract: Karl Gutzkows im August des Jahres 1835 erschienener Roman Wally, die Zweiflerin bildete nicht nur den Anlass scharfer Kritiken, sondern war zugleich Auslöser des Verbots der unter dem schlagwortartigen Ausdruck Junges Deutschland gefassten Autorengruppe. Im Bundesbeschluss vom 10. Dezember 1835 wurde 'der unter der Bezeichnung >das junge Deutschland< [...] bekannten literarischen Schule, zu welcher namentlich Heinr. Heine, Carl Gutzkow, Heinr. Laube, Ludolph Wienbarg und Theodor Mundt gehören' vorgeworfen, 'die christliche Religion auf die frechste Weise anzugreifen, die bestehenden socialen Verhältnisse herabzuwürdigen und alle Zucht und Sittlichkeit zu zerstören'. Der Roman Wally, die Zweiflerin spiegelt die politischen, sozialen und philosophischen Strömungen seiner Zeit - des Vormärz - wieder; zum Zeitpunkt seines Erscheinens spielt er in der Gegenwart und kann somit als Zeitroman typisiert werden. Er handelt von der jungen Adligen Wally, die ein unbeschwertes, aber 'fades' Leben zwischen geselligem Geplauder, gesellschaftlichen Verpflichtungen und Kuraufenthalten führt. Die Begegnung mit dem 'Skeptiker' Cäsar und die eingehende Beschäftigung mit seinen unorthodoxen, oft provokanten Thesen zu Religions- und Glaubensfragen erschüttern die 'an einem religiösen Tick' leidende Wally und münden in ihren Selbstmord. Die öffentliche Aufregung um Gutzkows Wally war zwar zu einem nicht unbeträchtlichen Teil den harschen und ausfallenden Kritiken Wolfgang Menzels geschuldet, dennoch berührte der Roman gesellschaftliche Tabus: Religionskritische Fragestellungen und Reflexionen - über den Wert der Ehe, die Möglichkeit der Selbsttötung etc. - ziehen sich wie ein roter Faden durch das Buch, kulminieren jedoch in den Geständnissen Cäsars, die sich kritisch mit drei Epochen der Religionsgeschichte auseinandersetzen: Antike (Entstehung des Christentums), Mittelalter (Reformation) und Neuzeit (Aufklärung). Der erste Teil dieser Arbeit gibt einen Überblick über die Handlung des Romans und untersucht auf der Grundlage der Einführung in die Erzähltheorie von Matias Martinez und Michael Scheffel exemplarisch drei Aspekte der Darstellung: Zeit, Modus und Stimme. Die darstellerischen Besonderheiten der Wally - Erzählerwechsel, Analepsen, Binnenerzählungen - sollen auch im Hinblick auf ihre beabsichtigte Wirkung betrachtet werden. Im zweiten Teil soll zunächst die Essenz der Religionskritik Cäsars herausgearbeitet werden; anschließend soll die religiöse Haltung der Protagonistin Wally vor der Lektüre der Geständnisse untersucht werden. Den fatalen Folgen der Rezeption der Geständnisse durch Wally ist ein dritter Abschnitt gewidmet. Die verwendete Literatur beschränkt sich auf einführende Texte zur Erzähltheorie, Romananalyse und zu der Literatur des Vormärz.