Revolution als "Geschichte": Alfred Döblins »November 1918«

Die Relation von Literatur und Geschichte ist für jeden historischen Roman zentral. Die 'Geschichtlichkeit' der Gattung ist in der bisherigen Forschung meist durch den Wirklichkeitsbezug definiert und der Fiktionalität des Literarischen entgegengesetzt worden. Entwickelt man die Gattungstheorie aber von der Praxis der Lektüre her, so erscheint das Historische auch im Roman in erster Linie als eine sprachliche und narrative Rezeptionssteuerung. Jeder historische Roman kann und muß damit zunächst als Historiographie gelesen werden. Auch das Revolutionsepos "November 1918" von Alfred Döblin (1878-1957) läßt sich intertextuell und interdisziplinär in einen nationalen und internationalen Kontext von 'Revolutionsgeschichten' stellen. Anders als historiographische und publizistische Revolutionsdarstellungen kann "November 1918" jedoch seine eigene Textualität reflektieren und ermöglicht so ein anderes Lesen von Geschichte und Revolution. Das 'Literarische' des historischen Romans kann so exemplarisch über bestimmte Lektüreformen nachgewiesen werden, bleibt aber notwendig und widersprüchlich auf die historiographische Rezeptionsweise bezogen. Das 'Zwitterhafte' dieser Gattung wird somit entgegen gängiger literatur- und gattungstheoretischer Paradigmen nicht zugunsten der Literarizität verkürzt, sondern zum Ausgangspunkt einer interdiskursiven und interdisziplinären Untersuchung gemacht.

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