Römische Elegien. Analysen zu Goethes Italienischer Reise

Wissenschaftlicher Aufsatz aus dem Jahr 2015 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, , Sprache: Deutsch, Abstract: Die »Römische Elegien« sind ein Zeugnis der persönlichen 'Befreiung' Goethes aus der Enge deutscher Verhältnisse. Wie schon im palindromischen Wortspiel »Roma - Amor« angedeutet, spiegeln die Elegien Goethes Erfahrungen sowohl der Antike als auch des römischen Volkslebens, des befreienden mediterranen Lebensstils voll Genuß und sinnlicher Erfüllung wider. So ist es nicht der Liebesschmerz, sondern der Abschiedsschmerz von Rom, der Goethe tiefe Trauer bereitet. Während Friedrich Schiller das Werk aufs Höchste lobt und in seinen »Horen« (gegen viel Widerstand und Umwandlung von 'Erotica Romana' Goethes in 'Römische Elegien', Anm.) publiziert, löst die Freizügigkeit der »Erotica Romana« bei den Zeitgenossen jedoch einen veritablen Skandal aus. Seit Goethes klassischem Werk »Die italienische Reise« (1786) datiert das Ideal der modernen Bildungsreise. Denn Goethes Italienerlebnis vereinigt beide Strömungen, die Liebe zur Natur und zur antiken Kunst. Goethe überhöht sie jedoch im Credo der großen Persönlichkeit, die sich am Reiseerlebnis bilden und - frei von den Zwängen des Berufslebens - die angeborenen Anlagen entfalten und entwickeln will. Also eine Bildungsreise, die nicht bloß dem Kennenlernen historischer und künstlerischer Sehenswürdigkeiten, sondern vor allem der Selbstbildung, der Kultivierung der Persönlichkeit des Reisenden zugutekommt. Das heißt, er differenzierte die klassische enzyklopädische Italienreise zur individuelleren sensualistischen Italienreise. Und gab den normativ kritischen Blick der Aufklärer auf, um ein ästhetisiertes Italienbild zu schaffen. Winckelmanns und Rousseaus gegenständliche Wahrnehmung, also der alleinige Erwerb und die Verarbeitung von Fakten und Wissen, erscheint nun durch eine innengeleitete Zweckbestimmung ergänzt und vertieft. Natur- und Kunststudium dienen Goethe der Persönlichkeitsbildung, der Vervollkommnung des Ichs. In der Hoffnung, seine Weimarer Konflikte im Süden überwinden zu können und hier die harmonische Übereinstimmung von Kunst und Leben in Italien zu finden, entflieht er den Zwängen der Heimat. Das Schlagwort von der »geistigen Wiedergeburt« durchzieht seitdem zahlreiche Reiseberichte, Briefe und Tagebuchaufzeichnungen deutscher Italienfahrer.'

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