Roman, Libretto, Oper. Die innerliterarische und intermediale Transformation einer narrativen Vorlage

Magisterarbeit aus dem Jahr 2009 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1,0, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Veranstaltung: Deutsches Seminar, Sprache: Deutsch, Abstract: Die vorliegende Arbeit weist eine dreischrittige Anlage auf, die das leitende narratologische Interesse widerspiegelt. Hierfür soll zunächst der Erzähltext, dann das Libretto, in das jener dramatisiert wurde, und schließlich die Oper als Vertonung des Librettos in den Blick genommen werden. Die Endgestalt von Libretto und Oper lässt jeweils vergleichende Rückschlüsse auf den Transformationsprozess zu, der sich zwischen den unterschiedlichen textlichen und medialen Realisationen der jeweiligen Vorlage ereignet hat. Diese komparatistische Vorgehensweise sucht nicht nur dem Libretto als einer 'intermediären Gattung' methodisch gerecht zu werden, sondern auch dem Erzähltext, der zwar selbstredend unter dem Vorzeichen seiner Librettisierung betrachtet wird, dabei jedoch nicht auf seine bloße Vorlagenfunktion reduziert werden soll. Vielmehr wird er als das angesehen, was er ist: ein autonomes Kunstwerk, das von seiner späteren Bearbeitung gleichsam nichts weiß. Neben den narratologischen rücken auch ästhetische Fragestellungen in den Blickpunkt des Interesses, weil das 'Wie' der ästhetischen Realisierung vom 'Was' des Realisierten nicht zu trennen ist. Denn die Librettisierung ist ja nicht nur ein formaler, sondern auch ein ästhetisch-reflektierender Akt, bei dem der Erzähltext aufgrund der strukturellen Unterschiede zwischen den Textgattungen nicht ohne innerliterarische Widerstände von der einen in die andere Gattung transponiert werden kann. Vielmehr stellt sie immer auch einen Prozess der Deutung, ja Umdeutung der Vorlage dar, die der Librettist bzw. der Komponist für seine ästhetischen Ziele in der anvisierten Gattung bzw. medialen Realisierung fruchtbar zu machen sucht. Nicht jedes Libretto ist originäre Operndichtung, nicht jede Oper die Vertonung eines Textbuchs, das der Librettist eigens zum Zweck seiner Vertonung als genuine Schöpfung verfasst hat und in dem daher eben nicht ein bereits vorhandener Stoff oder ein bestimmtes Werk bearbeitend aufgegriffen und für die Opernbühne adaptiert wurde. Zu solchen originären Operndichtungen zählen u. a. - trotz zahlreicher Anleihen an und Anspielungen auf bereits vorhandene Stoffe und Themen - die Libretti, die Hugo von Hofmannsthal für Richard Strauss verfasste, darunter jene zu 'Der Rosenkavalier', 'Ariadne auf Naxos' und 'Die Frau ohne Schatten', Lorenzo da Pontes Textbuch zu 'Così fan tutte', Ernst Kreneks 'Jonny' spielt auf und auch Stockhausens gigantomanischer Opernzyklus 'Licht'.