Satellit über Tiananmen

Während Mao gerade den »Großen Sprung nach vorn« propagiert, darf »Großmutter« Guo mit ihrem Sohn und ihrer Schwiegertochter in die Neubergstraße im sogenannten Harmoniedorf ziehen, einer neuen und einigermaßen komfortablen Siedlung auf einem Hügel, zu dessen Füßen die gigantische Dongshan-Stahlfabrik liegt. »Großmutter« wird sie vom Polizisten aus Respekt genannt, und zur Parteisekretärin der Neubergstraße wird sie, weil kein anderes Parteimitglied dort lebt. Guos Quartierinitiative wird durch den »Großen Sprung nach vorn«, mit der die Stahlproduktion in die Höhe getrieben werden soll, komplett in den Schatten gestellt. Plötzlich bauen sogar die bisher untätigen Hausfrauen des Quartiers einen Hochofen und beginnen Stahl zu schmelzen. Dabei treten sie in einen Wettstreit mit ihren Männern, den Arbeitern des Stahlwerks, darum, einen neuen Produktionsrekord aufzustellen, was damit verglichen wird, einen Satelliten ins All zu schießen. Die Stahlschmelze schlägt derweil Funken der Liebe, entfacht das Feuer der politischen Gesinnung und lässt die Flammen des Schicksals in den Himmel lodern. Wei Zhangs neuer Roman ist bunt und vielschichtig wie ein Kaleidoskop, dabei präzise beobachtet und mitreißend erzählt.

Wei Zhang wurde während der Kulturrevolution in Chongqing, V.R. China, geboren. Dort studierte sie Anglistik. 2007 erschien ihr erstes Buch »Zwischen den Stühlen: Geschichten von Chinesinnen und Chinesen in der Schweiz« (NZZ Libro). 2018 legte sie mit »Eine Mango für Mao« (Salis) ihren ersten Roman vor. »Satellit über Tiananmen« ist ihr zweiter Roman. Sie schreibt auch für das Feuilleton der Neuen Zürcher Zeitung und unterrichtet daneben als Hochschuldozentin zu interkulturellen Themen.

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