Schrift und Sprachlosigkeit in Kafkas Erzählung 'In der Strafkolonie'

Studienarbeit aus dem Jahr 2004 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1,0, Universität Konstanz, Sprache: Deutsch, Abstract: Franz Kafkas Erzählung In der Strafkolonie entstand in der zweiten Hälfte des Jahres 1914. Sie resultiert aus einem Schreibabbruch am 'Proceß'- Roman und ist einzuordnen in eine Zeit, in der technischen Erneuerungen wie die Schreibmaschine und der Parlograph in großem Maß Einzug in die Büros und Grammophone in die Privathaushalte gefunden haben. Diese Entwicklung verfolgte Kafka mit einer Mischung aus Faszination und Schrecken. Der Erstdruck der Erzählung erfolgte 1919 im Leipziger Kurt Wolff Verlag. Der Verleger Wolff fand die Erzählung peinlich, doch Kafka entgegnete darauf: 'Zur Erklärung dieser letzten Erzählung füge ich nur hinzu, daß nicht nur sie peinlich ist, daß vielmehr unsere allgemeine und meine besondere Zeit gleichfalls sehr peinlich war und ist und meine besondere sogar noch länger peinlich als die allgemeine.' 1 Diese ambivalente Erzählung über eine technisierte Foltermaschine innerhalb einer operettenstaatsähnlichen Strafkolonie und einem grausamen Strafapparat treibt ein nicht minder grausames Spiel mit dem Leser, den er - im übertragenen Sinne - ganz dicht an die Apparatur herankommen lässt, um dann entscheidende Fragen offen zu lassen. Sowohl Inhalt als auch die Erzählstruktur bieten viele Möglichkeiten zu Interpretationsansätzen. In vielerlei Hinsicht scheint die Erzählung späteren Ereignissen vorauszugreifen. So wurde in der Forschungsliteratur bereits auf die Parallele zu Folterungen und fremdbestimmten Tätowierungen von Juden in den Konzentrationslagern hingewiesen, während das Rechtssystem der Strafkolonie unweigerlich an das derzeitig umstrittene Internierungslager der USA in Guantánamo Bay auf Cuba erinnert. [...]