Seelenfahrt - Eine therapeutische Novelle

"Ich bin kein Freund von Diagnosen." Herr Eppli sah hinaus und blinzelte. Sprach von der Menschenseele und deren Rätseln, die zu ergründen lohnend sei, bisweilen. Und reizvoll auch. (¿) Frau Schwarz mache sich gerade auf den Weg zu ihrem Ich. Die Möglichkeit, dass sie es finde, sehe er mit Zuversicht und sei ihr gern dabei behilflich, wenn sie es ihm erlaube. "Deswegen sind Sie hier." Schauplatz von Annabels Seelendrama ist die mondäne Diotima Klinik mit Blick auf die Schweizer Alpen. Rasch schlägt der anfangs rätselhafte Kosmos die depressive Annabel in seinen Bann. In diesem Leuchtturm der Seelenkunde von internationalem Ruf wird Annabel Teil eines Quartetts von exzentrischen Patientenpersönlichkeiten, das eine exklusive Tischgemeinschaft bildet. Annabel, die keine Empathie kennt, lässt sich allmählich rühren von dem Begehren der anderen und von ihrer Not. Sehr subtil öffnet sich der Vorhang für das Drama ihrer eigenen Seele. Nach zehn Wochen verlässt sie das therapeutische Elysium. Der Vorhang ist nicht zu - und alles offen. Wie in Königsloge sind wir Zuschauer. Die Bühne ist eine andere, aber die Stücke sind dieselben. Die handelnden Personen sind keine Schauspieler. Und sind es am Ende doch. Die Autorin lebt mit ihrem Mann bei Stuttgart.