Augentagebuch, 26. Oktober 2014 «Wieder spricht der Gedanke mich an, dass ein Tagebuch das Leben erzählt, nicht erklärt. Auch ein Augentagebuch wie meine Sehnotizen, die mir im Erzählen etwas sichtbar machen, was ich nicht erklären kann. Das, was ich mit Worten aufzeichne, tagtäglich oder in unregelmäßigen Zeitabständen, verlangt nicht nach Metaphern, sucht nicht nach Symbolen, überhöhten Bildern. Was ich erzähle in meinen Sehnotizen, fällt mir von den Rändern zur Mitte hin zu. Das Erlebte am Rande erzählt sich selbst, legt sich frei in der Makula meiner Regentropfenaugen. Wenn ich mein Augenlicht verlieren würde, wo bliebe das Erlebte, wenn es mir nicht mehr zufiele von den Rändern zur Mitte hin. Es würde sich vielleicht an eben diesen Rändern eine Rinde bilden, an der sich das Erlebte ablesen ließe. Eine Rindenmitte, die sich verstärkt und schützt und nachwächst.»

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