Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit im Nibelungenlied

Studienarbeit aus dem Jahr 2014 im Fachbereich Germanistik - Ältere Deutsche Literatur, Mediävistik, Note: 1,3, Ludwig-Maximilians-Universität München (Deutsche Philologie), Sprache: Deutsch, Abstract: 'Sein und Schein' - Die Fragen nach Wirklichkeit und Erscheinungsbild sind keine Neuerfindung unserer heutigen Gesellschaft und auch kein Überrest aus der Romantik. Abgesehen von unterschiedlichen Akzentuierungen lassen sich diese Fragen nämlich schon in früheren Epochen der Literatur wiederfinden. Dies gilt nicht nur in unserer heutigen Gesellschaft als Frage nach Wirklichkeit und Erscheinungsbild. Das Nibelungenlied , die Geschichte von Siegfrieds Tod, der Rache Kriemhilds und dem Untergang der Burgunden, ist mitunter eines der bekanntesten Werke des deutschen Mittelalters und lässt sich an Popularität kaum übertreffen. Die Werte einer heroischen Welt - Ruhm, Ehre und Rache - stehen hier höfischen Verhaltensmodellen - Minne, Ehe, Recht, Vasallität und Verwandtschaft - gegenüber, und ziehen sich wie ein roter Faden durch die Handlung. Das gesellschaftliche Leben am königlichen Hof richtete sich nach einem festen Protokoll, welches vor allem bei feierlichen Anlässen, zu denen unter anderem Krönungen, Hochzeiten und Schwertleiten zählten, in Erscheinung trat. 'Die Literatur als Repräsentation der Repräsentation fungiert dabei zugleich als Metaebene, von der aus höfische Repräsentation beobachtet und in ihren Möglichkeiten und Grenzen dargestellt [...] werden kann.' Das Nibelungenlied zeigt jedoch, dass selbst die Sichtbarkeit dieser höfischen Rituale verfälscht und manipuliert werden kann. Erst durch das Auftreten von Sicht- und Unsichtbarkeit kommt die Handlung des Nibelungenlieds zustande. Täuschungen prägen das Agieren der Helden und sind für die Entstehung jeglicher Konflikte verantwortlich. Die Folgen der Manipulation lassen die Spannungen im Laufe der Handlung immer mehr ansteigen und enden schließlich in der unvermeidbaren Katastrophe. Das Verhältnis zwischen Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit gestaltet sich im Nibelungenlied äußerst schwierig. Die Geltung der Sichtbarkeit versucht sich zu behaupten, obwohl das, was vor aller Öffentlichkeit gesagt und dadurch sichtbar gemacht wird, sich immer klarer als falscher Schein herausstellt. In dieser Arbeit soll besonders anhand der Aventiuren 1-14 gezeigt werden, welche große Rolle Sicht- und Unsichtbarkeit im Nibelungenlied spielt und wie sich die Konsequenzen der (un-)sichtbaren Handlungen auf die Protagonisten auswirken.

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