Suchverhalten, Statuserwartungen und offene Arbeitslosigkeit in Entwicklungsökonomien mit rasch expandierendem Bildungssystem.

Die vorliegende Untersuchung leistet am Beispiel Indonesiens einen Beitrag zur Erklärung offener Arbeitslosigkeit in Entwicklungsökonomien und diskutiert Ansatzpunkte für wirtschaftspolitische Maßnahmen zur Reduzierung offener Arbeitslosigkeit. Der Arbeitsmarkt Indonesiens hat jährlich etwa zwei Millionen Neuzugänger zu verkraften. Der Autor war mehrere Jahre als Leiter eines Entwicklungsprojektes in Indonesien tätig. Wie in vielen anderen Entwicklungsländern unterscheidet sich die Struktur der Gruppe der offen Arbeitslosen in Indonesien deutlich von derjenigen in den Industrieländern. Offen arbeitslos sind in Indonesien in erster Linie besser ausgebildete Erstzugänger zum Arbeitsmarkt, die Arbeitslosigkeit nimmt deutlich mit dem Qualifikationsniveau zu. Offene Arbeitslosigkeit ist in erster Linie ein Problem des verzögerten Übergangs zwischen Ausbildung und Beruf. Der Erklärungsversuch setzt somit am Suchverhalten derjenigen an, die offen arbeitslos sind. Die überwiegende Mehrheit der Arbeitslosen sucht nach einer Erstbeschäftigung, die ihnen als angemessen erscheint. Die Beschäftigungserwartungen orientieren sich an Verhältnissen, die in der Vergangenheit Gültigkeit hatten. Unter den Bedingungen eines rasch expandierenden Bildungssystems, wie sie in Indonesien gegeben sind, unterliegen die Zuordnungen zwischen dem formalen Qualifikationsniveau und den am Arbeitsmarkt realisierbaren Beschäftigungsmöglichkeiten raschen Änderungen. Im Rahmen der Suchtheorie der Arbeitslosigkeit, einem Zweig der sog. »Neuen Mikroökonomik«, läßt sich die Wirkung unrealistischer Beschäftigungserwartungen analysieren. Anders als die Suchtheorie annimmt, ist die Lohnhöhe nicht das ausschließliche Charakteristikum für die Bewertung von Beschäftigungsofferten. Die Statuserwartungen der Suchenden haben für die Erklärung der offenen Arbeitslosigkeit gleichrangige Bedeutung. Diese Erweiterung des suchtheoretischen Ansatzes hat Konsequenzen für eine Politik zur Reduzierung offener Arbeitslosigkeit. Die Studie diskutiert Ansatzpunkte, durch Reformen gegen die »high-cost«-Struktur der indonesischen Ökonomie die Absorptionsfähigkeit jener Sektoren zu erhöhen, die von besser qualifizierten Neuzugängern als status- und ausbildungsadäquat angesehen werden. Die Gewährung von Rechtssicherheit für den »informellen« Sektor würde Einkommensmöglichkeiten und Status eines Sektors erhöhen, der bereits heute eine hohe Absorptionsfähigkeit aufweist.

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