Tabakkonsum im Kontext des Selbstkonzepts

Magisterarbeit aus dem Jahr 2007 im Fachbereich Psychologie - Klinische Psychologie, Psychopathologie, Prävention, Note: 1,0, Europa-Universität Flensburg (ehem. Universität Flensburg) (Institut für Psychologie, Abteilung Gesundheitspsychologie und Gesundheitsbildung), Sprache: Deutsch, Abstract: Diese Arbeit analysiert aus salutogenetischer Sicht die Entstehung süchtigen Tabakkonsums und geht der Frage nach, warum es einigen Personen leichter gelingt, ihr Risikoverhalten aufzugeben, während andere notorisch rückfällig werden. Ziel der Arbeit ist es, die traditionell dichotom und pathologisch ausgerichtete Perspektive auf 'Tabakkonsum' zu erweitern und neue Impulse für das Beratungsangebot zu geben. Zentrale Punkte sind, dass Rauchen als Verhalten und die Zigarette als Objekt für Raucher in erster Linie als Ressource fungieren. Dafür wird das Risikoverhalten im Kontext der Entwicklungsaufgaben der Lebensphasen, in der das Verhalten anfänglich praktiziert wird, sowie im Spiegel der Identitätsbildung analysiert. Es wird verdeutlicht, dass Rauchen als Verhalten bzw. die Zigarette als Objekt einer individuell spezifischen Bedeutungszuschreibung unterliegen. Diese folgt einem Kontinuum mit zunehmender Intensität von selbstrelevanten Aspekten und bedingt dadurch individuell unterschiedliche Affinitäten: Das eine Extrem kennzeichnet ein situativ euthymes Raucherleben. Der andere Pol ist durch ein Raucherleben markiert, welches identitätsrelevante und emotionsregulierende Funktionen erfüllt. Zwischen den Polen befinden sich in unterschiedlicher Intensität Raucherleben, die z.B. an Teilidentitäten gebunden und somit zeitlich begrenzt sind. Je intensiver Rauchen als Verhalten mit zentralen identitätsrelevanten Aspekten und Emotionen ursächlich verknüpft wurde, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit eines 'unerklärlichen' Rückfalls/notorischer Rückfälligkeit, und zwar so lange, bis die individuelle Bedeutungszuschreibung dem Betroffenen bewusst ist. Besonders bei notorischer Rückfälligkeit kann eine stark ausgeprägte emotionsregulierende Verknüpfung vermutet werden, die in den Anfängen des Verhaltens motivdienlich mit einem Interesse verbunden wurde, welches nicht der Konsum von Nikotin war. Eine verhaltenstherapeutische Entwöhnungstherapie kann zwar zu einer Abstinenz führen, sie endet jedoch in Rückfälligkeit, wenn das bis dahin noch unbewusste Identitätsmerkmal situativ kritisch in Frage gestellt wird. Dieser Ansatz bedingt notwendige Veränderungen in der Unterstützung bei Raucherentwöhnung. Eine auf dem Konzept der Salutogenese aufbauende Beratungshaltung und -praxis kann abstinenzinteressierte Raucher/notorische Rückfaller erreichen und motivierend unterstützen, sich mit ihrem Risikoverhalten erneut auseinander zu setzen, um rauchfrei zu werden.