Tarifdispositives Arbeitnehmerschutzrecht und Tarifautonomie.

Das tarifdispositive Arbeitnehmerschutzrecht, das den Tarifvertragsparteien die Abweichung sowohl zugunsten als auch zulasten der Arbeitnehmer gestattet, ist naturgemäß umstritten. Die Autorin stellt im ersten Teil die rechtlichen Probleme bei der Anwendung des tarifdispositiven Arbeitnehmerschutzrechts im Verhältnis zum Tarifvertragsrecht zusammen und führt diese anhand der Auslegung der tarifdispositiven Vorschriften einer Lösung zu. In einem zweiten Teil wird untersucht, in welchem Umfang das Grundrecht der kollektiven Koalitionsfreiheit den Koalitionen die tarifliche Normsetzungsbefugnis verfassungsrechtlich garantiert. Sandra Bock kommt zu dem Ergebnis, dass der Schutzbereich des Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG die tarifvertragliche Normsetzungsbefugnis für alle materiellen Arbeitsbedingungen umfasst. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Auf dieser Grundlage wird sodann unter Anwendung der herkömmlichen Grundrechtsdogmatik der Frage nachgegangen, ob sich aus dieser Garantie der tarifvertraglichen Normsetzungsbefugnis eine Verpflichtung des Gesetzgebers zur tarifdispositiven Regelung bestimmter arbeitsrechtlicher Bereiche ergibt. Dabei zeigte sich, dass unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall eine Pflicht des Gesetzgebers zur tarifdispositiven Regelung bestehen kann. Diese Ergebnisse wurden schließlich auf arbeitsrechtliche Regelungsfragen aus dem Kündigungsschutz-, Entgeltfortzahlungs-, Urlaubs- und Arbeitszeitrecht angewandt, die für die Tarifvertragsparteien von gesteigertem Interesse sind. Die Untersuchungen ergaben dabei ein differenziertes Bild hinsichtlich der Verpflichtung des Gesetzgebers zur Schaffung tarifdispositiver Normen.