Theater ohne Publikum

Der jüdische Arzt, Kommunist und Autor Friedrich Wolf (1888-1953) wird in den 1920er Jahren mit kritischen Zeitstücken bekannt. Kurz nach Hitlers Machtübernahme muss er Deutschland verlassen. Mit dem Exil in der Sowjetunion verändern sich für Wolf - wie auch für andere Migrant*innen - die Bedingungen der literarischen Arbeit: Die aus Deutschland geflüchteten Autor*innen verlieren ihr Publikum. In dieser Situation entsteht 1933 das Stück Professor Mamlock, das Wolf zum weltweit bekanntesten deutschsprachigen antifaschistischen Theaterautor macht. Durch das tragische Schicksal des Juden Mamlock möchte Wolf die Grundlagen und das Wesen des Faschismus aufzeigen. Aber an wen wendet sich der Dramatiker im Exil? Auf der Suche nach einer Antwort sieht sich Wolf veranlasst, das Drama schon zwischen 1933 und 1935 nach den Wünschen der Ensembles und den Forderungen der KP mehrfach zu verändern. Insbesondere der Parteieinfluss markiert einen wichtigen, bislang unbeachtet gebliebenen Einschnitt im Werk des Autors. Als Folge liegt das Drama in verschiedenen Fassungen vor. Diese Variationen ermöglichen einen Einblick in die literarischen Produktionsbedingungen des Exils, die im Zentrum der vorliegenden Untersuchung stehen.

Maria Teresa Sciacca hat Germanistik studiert und über Friedrich Wolfs Exiltheater an der Universität Palermo promoviert. Zu diesem Thema hat sie Seminare in Palermo und Potsdam gegeben. Als Entsandte des italienischen Außenministeriums unterrichtet sie gegenwärtig an einer deutsch-italienischen Schule in Berlin.