Verfahren zur automatisierten Teilentladungsdiagnostik von Energiekabeln

Im Rahmen dieser Arbeit wurden Verfahren vorgestellt, die sich für den Einsatz zur automatisierten Verarbeitung und Auswertung von Teilentladungsmessdaten an Energiekabelstrecken eignen. Hierdurch lassen sich sowohl in der Offline- als auch in der Online-Kabel-TE-Diagnose verbesserte Ergebnisse erzielen und letztendlich Kosten sparen, da die Verfahren eine Erleichterung für den Bediener darstellen. Ein Schwerpunkt dieser Arbeit wurde auf alternative Methoden zur Ankunftszeitbestimmung von Impulsen gelegt, welche für eine Ortung mittels Reflektometrie im Zeitbereich (TDR) benötigt werden. Durch die Dispersion auf dem Kabel treten Unterschiede in den Impulsanstiegszeiten auf, die zu systematischen Ortungsfehlern führen können, wenn ausschlieslich die Impulsmaxima zur Ortung verwendet werden (Peak-Peak Methode). Ein weiteres Problem bei der Offline-Diagnostik stellt die Blindlänge dar. Hierbei kommt es nahe den Kabelenden zu Impulsüberlagerungen, was sowohl eine genaue Ladungsbestimmung, als auch die Ortung erschwert. Auch hier lassen sich Verbesserungen mittels spezieller Algorithmen erzielen. Untersucht wurden Verfahren, welche die Stirn oder den Fuspunkt von Impulsen ausgeben (EC, AIC, SM), über Änderungen der Phase orten (PM) oder eine Impulsabstandsmessung mittels Autokorrelation (AK) durchführen. Nicht alle Verfahren eignen sich hierbei gleich gut. Doch gibt es durchaus robuste Alternativen zur Peak-Peak Methode, die je nach Anwendungsfall gewählt werden können. Vor allem bei der TE-Messung an verlegten Kabelstrecken unter Vor-Ort-Bedingungen treten starke Störsignaleinkopplungen auf, die sich je nach Messumgebung deutlich unterscheiden. Bei der Offline-Diagnostik, bei welcher der Ort letztlich über eine Impulsreflektion am sich im Leerlauf befindenden Kabelende bestimmt wird, tritt die zusätzliche Schwierigkeit auf, dass große Dynamikunterschiede der auszuwertenden Einzelimpulse auftreten. Dies hat zur Folge, dass, zusätzlich zu den Störeinkopplungen, mit Quantisierungs- und Verstärkerrauschen im Bereich der zu identifizierenden und zu ortenden Impulse zu rechnen ist. Das Ziel, solche störenden Signalanteile in den Messdaten zu reduzieren, wurde durch zwei Ansätze realisiert. Zum Einen wurden Verbesserungen an der Messhardware durchgeführt, indem eine Schirmung und Netzfilterung am Hochspannungskoppelkondensator vorgenommen wurde. Hierbei wurde viel Wert auf Praxisnähe (Mobilität und Flexibilität) gelegt, da die örtlichen Gegebenheiten stark variieren. Im Rahmen der Teilnahme bei Messungen an Kabelstrecken in Verteilnetzen konnten hierfür Erfahrungen gesammelt werden. Zum Anderen wurden Rauschen und Störpegel im Messsignal durch geeignete Signalverarbeitungsverfahren erheblich reduziert. Hier wurden sowohl verbreitete Verfahren eingesetzt (DWT, SGWT), die auf der Wavelet-Transformation beruhen, als auch ein neuartiges Verfahren, die Empirische Moden Dekomposition (EMD), welches im Rahmen dieser Arbeit erstmals an Kabel-TE-Messdaten eingesetzt wurde. Durch geeigneten Einsatz dieser Methoden ist es möglich, je nach Störumgebung, Anteile der Störsignale insoweit zu entfernen, dass ein Nutzsignal als solches erkannt und eine TE-Ortung durchgeführt werden kann. Ein weiterer Fokus der Arbeit lag auf der Bereitstellung eines Kabel-TE-Modells, welches es ermöglicht, Offline-Kabel-TE-Reflektogramme zu modellieren. Diese können wiederum entweder zur Ortung oder zur Identifikation von gemessenen Reflektogrammen dienen. Mittels eines solchen Modells können auch Kabelstrecken modelliert werden, die aus mehreren Kabelsegmenten unterschiedlichen Typs bestehen oder Verzweigungen enthalten. Hierbei können zusätzliche Reflektionen im Messsignal auftreten, die eine konventionelle TDR-Ortung sehr erschweren. Grundvoraussetzung für ein solches Modell sind möglichst genaue Angaben über den geometrischen Aufbau der Kabel und Materialien. Das Modell wurde im Rahmen dieser Arbeit an einer VPE-Kabelstrecke im Labor verifiziert. Unter Berücksichtigung des Übertragungsverhaltens und der Eingangsimpedanz der Messeinrichtung konnte eine sehr hohe Deckungsgleichheit zwischen modelliertem und gemessenem Reflektogramm erzielt werden. Ü ber ein Korrelationsverfahren wurde die modellbasierte Ortung durchgeführt und eine künstliche Kabel-TE-Fehlstelle mit einem sehr kleinen Ortungsfehler geortet. Zur Bestimmung der Ladung von Kabel-TE-Impulsen wurden verschiedene Methoden miteinander verglichen. Hierbei zeigt sich, dass die untersuchten konventionellen Verfahren Integration im Zeitbereich, Quasiintegration und Ladungsbestimmung mittels Impulsamplitude, teilweise sehr unterschiedliche Werte liefern. Die Anzeige der Ladung ist sowohl vom gewählten Datenfenster, als auch vom Entstehungsort der TE abhängig, da Effekte wie Dämpfung, Verluste und Teilreflektionen an Muffen die jeweilige Berechnung beeinflussen können. Diese Probleme wurden durch eine dynamische Anpassung der Integrationsfenster sowie durch eine dämpfungskompensierte Ladungsbestimmung gelöst. Somit ist eine verbesserte Ladungsbestimmung möglich. Die vorgestellten Verfahren wurden sowohl zur Auswertung von TE-Signalen aus Messungen an Kabelstrecken im Labor, als auch an ausgewählten TE behafteten, in Mittelspannungsnetzen verlegten Kabelstrecken im Rahmen einer MATLAB Toolbox implementiert und erfolgreich eingesetzt.

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