Verfassungsrechtliche Probleme bei der Übertragung von Hoheitsrechten zur Schaffung eines europäischen Strafrechts.

Tim Schaper widmet sich - am Beispiel des Europäischen Haftbefehls - der Frage der Verfassungsmäßigkeit der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen in der Europäischen Union. Anlass für die Untersuchung bietet die zunehmende Vergemeinschaftung der vertraglich ursprünglich intergouvernemental organisierten Dritten Säule der Europäischen Union. Im Fall des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl wird die Vergemeinschaftung in zweifacher Hinsicht deutlich: Sie offenbart sich zum einen in der partiellen Verankerung des aus dem Binnenmarktrecht bekannten Prinzips der gegenseitigen Anerkennung mitgliedstaatlicher Entscheidungen im Auslieferungsrecht. Zum anderen zeigt sie sich in der vorgegebenen weitreichenden innerstaatlichen Wirkung unionsrechtlicher Rahmenbeschlüsse zum Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Pupino im Jahr 2005. Der Autor veranschaulicht, dass mit den Vorgaben des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl Hoheitsrechtsübertragungen verbunden sind und erörtert, inwieweit diese den Anforderungen des Grundgesetzes gerecht werden. Verfassungsrechtliche Probleme ergäben sich insbesondere infolge des Fehlens der notwendigen umfassenden demokratischen Legitimation im grundrechtssensiblen strafrechtlichen Bereich und angesichts verschiedener Aspekte des Rechtsstaats- und Subsidiaritätsprinzips. Es würde erkennbar, dass sich der Gesetzgeber wie auch das Bundesverfassungsgericht bei der Umsetzung der Vorgaben und deren gerichtlicher Überprüfung in einem Zwiespalt zwischen Verfassungs- und Unionstreue befunden hätten. Die Arbeit wird abgeschlossen mit einer Bewertung der auch im Bereich der strafrechtlichen justiziellen Zusammenarbeit zu erwartenden Änderungen durch den Vertrag von Lissabon.