Vergangenheit unter dem Mikroskop

In Vergangenheit unter dem Mikroskop erforscht Musil-Gutsch die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Natur- und Geisteswissenschaftlern im deutschsprachigen Raum um 1900. Wissenschaftler verschiedener Disziplinen kooperierten seinerzeit, um materielle Quellen mittels naturwissenschaftlicher Methoden zu untersuchen. Gemeinsam analysierten sie kulturhistorische Objekte aus Papier, Wachs und Glas, um deren Datierung und Herkunft zu bestimmen. Musil-Gutsch widmet sich der Dynamik, dem Wissensaustausch und den Bedingungen der Kooperationen. Deren Vielfalt veranschaulichen Beispiele wie die Datierung mittelalterlicher Manuskripte durch Paläographen und Botaniker oder die von Chemikern und Kunsthistorikern unternommene chemische Analyse einer Wachsbüste in den Berliner Museen. Musil-Gutsch wirft erstmals einen eingehenden Blick auf die gemeinsame Forschungspraxis von Natur- und Geisteswissenschaften und schreibt damit eine Verflechtungsgeschichte diverser natur- und geisteswissenschaftlicher Disziplinen um 1900 jenseits der 'Zwei-Kulturen'-Debatte. Ausgezeichnet mit dem Georg-Uschmann-Preis für Wissenschaftsgeschichte 2023, dem Münchner Historicum-Preis 2023 und dem Bettina-Haupt-Förderpreis 2023.

Josephine Musil-Gutsch studierte Komparatistik und Wissenschaftsgeschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und promovierte ebenda mit Stationen in Amsterdam, Berkeley und Halle. Ihre Promotionsschrift wurde mit summa cum laude bewertet und ist mehrfach preisgekrönt. Seit April 2024 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Kompetenzzentrum für interdisziplinäre Wissenschaftsreflexion (ZIWIS) an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Sie forscht zur materiellen Kultur und Forschungspraxis in den Wissenschaften sowie zur gemeinsamen Geschichte von Natur- und Geisteswissenschaften.