Versuch über die Jukebox

Zu Ende ging das Jahr 1989, »da in Europa von Tag zu Tag und Land zu Land so vieles, und so wunderbar leicht, anders zu werden schien.« Könnte er sich in einer Zeit, als »das große Märchen der Welt« sich selber forterzählte, an einem weltfremden Gegenstand, der Jukebox ersuchen?

Im Hotel fand er ein Zimmer, das ihm Fläche genug bot für ein Blatt Papier, Bleistifte und Radiergummi. Zunächst war ihm sein Versuch über die Jukebox als Dialog auf der Bühne, als »Bühnen-Zwiegespräch« in den Sinn gekommen, jetzt, in der Einsamkeit und Freiheit von Soria, drängte sich ihm auch die Befreiung von gegebenen literarischen Formen auf, eine Befreiung für neue, unbekannte literarische Möglichkeiten.

Der Held von Handkes neuer Erzählung ist die Erzählung selbst. Ihre Struktur bringt den Leser immer wieder dazu, den Verlauf des Erzählten für sich aufzunehmen. Roland Barthes hat geschrieben, ein Text errege ihm dann als Leser die größte Lust, »wenn es ihm gelingt, sich indirekt zu Gehör zu bringen, den Kopf zu heben, etwas anderes zu hören«. So wirken auch Handkes Texte; man solle beim Lesen, so sagte er einmal, innehalten, tief einatmen, »sich von der Sonne bescheinen lassen, auch wenn diese gar nicht scheint«. Selten hat Handke so wie hier das Konkrete, das Äußere einer Landschaft, einer Stadt, einer Zivilisation der Zeitgeschichte beschrieben und damit auch das Innere getroffen. In dieser Erzählung halten sich Phantasie und Welt in großem, schönem Gleichgewicht.



<p>Peter Handke wird am 6. Dezember 1942 in Griffen (K&auml;rnten) geboren. Die Familie m&uuml;tterlicherseits geh&ouml;rt zur slowenischen Minderheit in &Ouml;sterreich; der Vater, ein Deutscher, war in Folge des Zweiten Weltkriegs nach K&auml;rnten gekommen. Zwischen 1954 und 1959 besucht Handke das Gymnasium in Tanzenberg (K&auml;rnten) und das dazugeh&ouml;rige Internat. Nach dem Abitur im Jahr 1961 studiert er in Graz Jura. Im M&auml;rz 1966, Peter Handke hat sein Studium vor der letzten und abschlie&szlig;enden Pr&uuml;fung abgebrochen, erscheint sein erster Roman <em>Die Hornissen</em>. Im selben Jahr 1966 erfolgt die Inszenierung seines inzwischen legend&auml;ren Theaterst&uuml;cks <em>Publikumsbeschimpfung </em>in Frankfurt am Main in der Regie von Claus Peymann.</p> <p>Seitdem hat er mehr als drei&szlig;ig Erz&auml;hlungen und Prosawerke verfasst, erinnert sei an: <em>Die Angst des Tormanns beim Elfmeter </em>(1970), <em>Wunschloses Ungl&uuml;ck</em> (1972), <em>Der kurze Brief zum langen Abschied </em>(1972), <em>Die linksh&auml;ndige Frau </em>(1976), <em>Das Gewicht der Welt</em> (1977), <em>Langsame Heimkehr </em>(1979), <em>Die Lehre der Sainte-Victoire </em>(1980), <em>Der Chinese des Schmerzes </em>(1983),<em> Die Wiederholung </em>(1986), <em>Versuch &uuml;ber die M&uuml;digkeit</em> (1989), <em>Versuch &uuml;ber die Jukebox</em> (1990), <em>Versuch &uuml;ber den gegl&uuml;ckten Tag</em> (1991), <em>Mein Jahr in der Niemandsbucht </em>(1994), <em>Der Bildverlust </em>(2002), <em>Die Morawische Nacht</em> (2008), <em>Der Gro&szlig;e Fall</em> (2011), <em>Versuch &uuml;ber den Stillen Ort</em> (2012), <em>Versuch &uuml;ber den Pilznarren</em> (2013). </p> <p>Auf die <em>Publikumsbeschimpfung </em>1966 folgt 1968, ebenfalls in Frankfurt am Main uraufgef&uuml;hrt, <em>Kaspar. V</em>on hier spannt sich der Bogen weiter &uuml;ber <em>Der Ritt &uuml;ber den Bodensee </em>1971), <em>Die Unvern&uuml;nftigen sterben aus </em>(1974), <em>&Uuml;ber die D&ouml;rfer</em> (1981), <em>Das</em> <em>Spiel vom Fragen oder Die Reise zum sonoren Land </em>(1990), <em>Die Stunde da wir nichts voneinander wu&szlig;ten</em> (1992), &uuml;ber den <em>Untertagblues </em>(2004) und <em>Bis da&szlig; der Tag euch scheidet </em>(2009) &uuml;ber das dramatische Epos <em>Immer noch Sturm</em> (2011) bis zum Sommerdialog <em>Die sch&ouml;nen Tage von</em> <em>Aranjuez </em>(2012) zu <em>Die Unschuldigen, ich und die Unbekannte am Rand der Landstra&szlig;e</em> (...

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