Vertragsauslegung und Vertragsverhandlungen

Kommt es zwischen den Parteien eines zivilrechtlichen Vertrages zu einer Auslegungsstreitigkeit, so haben die Materialien aus den Vertragsverhandlungen das Potential, die rechtlich maßgebliche Bedeutung des Vertragsinhaltes aufzuhellen. Dennoch sind sie nicht in allen Rechtsordnungen als Auslegungsmittel zugelassen. Während sie im deutschen und französischen Recht sowie nach dem GEKR unproblematisch verwertet werden können, ist ihre Berücksichtigung im englischen Recht kategorisch ausgeschlossen. Die Berücksichtigungsfähigkeit der Vertragsverhandlungen im Rahmen der Vertragsauslegung steht dabei im Spannungsfeld von Rechtssicherheit und Einzelfallgerechtigkeit. Sie beeinflusst nicht nur den Ausgang einzelner Rechtsstreitigkeiten, sondern darüber hinaus ganz allgemein das Verhalten der Parteien bei der Vertragsgestaltung sowie die Rolle, die dem zur Streitentscheidung berufenen Richter bei der Vertragsauslegung zukommt. Die Arbeit wurde mit dem Walter-Kolb-Gedächtnispreis 2015 der Stadt Frankfurt am Main ausgezeichnet worden.

Geboren 1986; Studium der Rechtswissenschaft in Freiburg und Paris; 2009 Maîtrise de droit (Paris); 2012 Erste juristische Prüfung; seit 2012 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Zivilrecht, Zivilprozessrecht, Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung der Goethe-Universität Frankfurt am Main, seit 2014 Referendariat in Frankfurt am Main.