Victor Klemperers Kritik an der Sprache des Dritten Reichs am Beispiel von "LTI - Notizbuch eines Philologen"

Studienarbeit aus dem Jahr 2001 im Fachbereich Literaturwissenschaft - Moderne Literatur, Note: 1,3, Universität Lüneburg, Sprache: Deutsch, Abstract: " ,Weswegen haben denn Sie gesessen?` fragte ich. ,Na wejen Ausdrücken...` [...] Das war die Erleuchtung für mich. Bei diesem Wort sah ich klar. Wejen Ausdrücken. Deswegen und daherum würde ich meine Arbeit am Tagebuch aufnehmen. [...] So ist dies Buch zustande gekommen, aus Eitelkeit weniger, hoffe ich, als wejen Ausdrücken."1 Anekdotenhaft schildert Victor Klemperer (1881 - 1960) im Nachwort seines Werkes "LTI" aus welcher Quelle seine Motivation, eine umfassende Studie zur Sprache des Dritten Reiches, der "lingua tertii imperii" ("LTI") zu verfassen, resultierte. Diese wurde erstmalig im Jahre 1947 veröffentlicht und basierte auf den Aufzeichnungen Klemperers, welcher seit Beginn der Machtergreifung durch die Nazis im Jahr 1933 akribisch seine Beobachtungen über Sprache und Sprachveränderungen im Dritten Reich festgehalten hatte und nach dem Krieg seine Betrachtungen komplettierte. Bereits der Untertitel "Notizbuch eines Philologen" verweist auf die Entstehungsgeschichte des Buches, das Klemperer während der zwölfjährigen Herrschaft der Nationalsozialisten nur skizzenhaft vorbereiten konnte. Die ohnehin gefährliche Situation für Verfasser systemkritischer Texte wurde im Fall Victor Klemperers dadurch potenziert, dass er jüdischer Herkunft war und sich somit im Sinne einer notwendigen Risikoreduzierung in seiner literarischen Produktion auf kurzformatige, notizenhafte Aufzeichnungen beschränken musste, die er in seinem Tagebuch festhielt. "Mein Tagebuch war in diesen Jahren immer wieder meine Balancierstange, ohne die ich hundertmal abgestürzt wäre."2 Diese Aussage Klemperers verdeutlicht, welch immense Bedeutung er seinen privaten Notizen beimaß, nachdem ihm das berufsmäßige Publizieren und seine Lehrtätigkeit an der Technischen Universität Dresden von den Nazis untersagt worden war. Aus dieser speziellen Situation heraus erklärt sich auch die ungewöhnliche Konzeption der "LTI". In dem Werk, das eine profunde Kritik der Sprache des Dritten Reiches liefert, verbindet Klemperer in seiner Darstellung sowohl wissenschaftliche Analyse als auch persönlich Erlebtes miteinander. Von der Mischung aus sprachkritischer Betrachtung und biographischen Elementen profitiert insbesondere die Rezipientenschaft: Trotz der Schwere des Themas gelingt es Klemperer, anschaulich und verständlich seine Sicht der Dinge zu präsentieren, ohne sich dabei im Rahmen einer rein wissenschaftlichen Abhandlung auf einen tendenziell elitären Leserkreis zu konzentrieren. [...]