Viktor Orbáns Regierungsstil. Ausmaß des Populismus und dessen Bedeutung für die ungarische Demokratie

Studienarbeit aus dem Jahr 2022 im Fachbereich Politik - Region: Osteuropa, Note: 1,7, Freie Universität Berlin (Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft), Veranstaltung: Politische Theorie des Populismus, Sprache: Deutsch, Abstract: Ob in der Flüchtlingskrise, beim Rechtsstaatsmechanismus oder der derzeitigen Diskussion um ein Öl-Embargo der EU gegenüber Russland: Kein Regierungschef in der Europäischen Union ist so berüchtigt wie Viktor Orbán, der dieses Jahr erneut zum Ministerpräsidenten mit einer Zweidrittelmehrheit im Parlament gewählt wurde. Orbán gerät innerhalb des Staatenbündnisses für seinen autoritären Regierungsstil vermehrt in die Kritik und spricht im Gegenzug von Brüsseler Eliten, die den Menschen schaden wollten. Wie ein Land, das zu den Vorreitern der Überwindung des Sowjetkommunismus in Osteuropa gehörte, dem autokratischen Machtanspruch von Viktor Orbán verfallen konnte, ist für viele westliche Beobachter ein Rätsel. Kritiker Orbáns werfen ihm Populismus vor und sehen in seinem populistischen Agieren eine zentrale Ursache für seinen Erfolg. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage: Inwiefern ist Viktor Orbáns Regierungsstil tatsächlich populistisch, und wie wirkt sich eine solche Regierungspraxis auf die ungarische Demokratie aus? Zur Beantwortung dieser Frage wird zunächst der Populismusbegriff des Politikwissenschaftlers Jan-Werner Müller, auf dem diese Arbeit aufbaut, erläutert. Da es keine allgemeingültige Definition des Populismus gibt und der Begriff in politischen Debatten beinahe inflationär genutzt wird, bedarf es einer solchen Eingrenzung. Müller erforschte nicht nur die ideologischen und theoretischen Bestandteile des Populismus, sondern auch, wie populistische Regime praktisch regieren. Im zweiten Teil dieser Arbeit wird dieses theoretische und praktische Verständnis des Populismus auf Ungarn projiziert. Ziel der Analyse soll die Erkenntnis sein, inwiefern Orbán auf theoretischer und praktischer Ebene populistisch regiert - inwiefern er also tatsächlich Populist ist. Im abschließenden Fazit wird geschlussfolgert, welche Auswirkungen ein solcher Regierungsstil auf die (ungarische) Demokratie hat, und ein Ausblick gegeben. Methodisch wird diese Arbeit die Überschneidung von Orbáns Regierungsstil und Müllers Konzept des Populismus mithilfe von Literatur und Nachrichtenmeldungen überprüfen. Dabei kann aus zeitökonomischen Gründen nicht darauf eingegangen werden, wie man Populisten beispielsweise entkräften kann oder welche Wählerschichten besonders anfällig für Populismus sind.