Vom Menschen als utopischem Wesen

Ernst Robert Curtius sagte über José Ortega y Gasset: 'Er ist vielleicht der einzige Mensch in Europa, dem es gegeben und gemäß ist, mit der gleichen Intensität des Interesses, der gleichen Sicherheit des Urteils, dem gleichen Glanz der Formulierung über Kant wie über Proust, über Debussy wie über Scheler zu sprechen. Zwischen vorgeschichtlichen Kulturen und kubistischer Malerei scheint es nichts zu geben, was diesen Kritiker nicht interessierte.' Das Buch 'Vom Menschen als utopischen Wesen', das im Europa Verlag erstmals im Jahre 1951 erschien, versammelt vier Essays, die Curtius' Urteil begründen: Ideen und Glaubensgewißheiten, Insichselbst-Versenkung und Selbstentfremdung, Glanz und Elend der Übersetzung und Ideen für eine Geschichte der Philosophie. Ob Ortega von den Phänomenen des Denkens und Glaubens, der Selbstversenkung und -entfremdung ausgeht oder von der Geschichte der Philosophie: nach wenigen Sätzen ist er in den Tiefen der Problematik und - wie er meint - des wesentlich utopischen Charakters des menschlichen Tuns. Er öffnet dem Leser die Augen für Einsichten und Zusammenhänge, die ihm bis dahin, wenn nicht fremd, so doch nicht klar bewußt waren. ' Das Schicksal - das Privileg und die Ehre - des Menschen ist es, niemals ganz zu erreichen, was er sich vornimmt und bloßer Anspruch, lebende Utopie zu sein. Immer schreitet er der Niederlage entgegen, und schon ehe er in den Kampf eintritt, trägt er die Wunde an der Schläfe.' (Ortega y Gassett)

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