Vom Sinn der Langsamkeit. Zur Notwendigkeit der Entschleunigung von Bildungsprozessen im Kontext des Abenteuers

Masterarbeit aus dem Jahr 2013 im Fachbereich Didaktik - Allgemeine Didaktik, Erziehungsziele, Methoden, Note: 1,7, Philipps-Universität Marburg, Veranstaltung: Abenteuer- und Erlebnispädagogik, Sprache: Deutsch, Abstract: Die heutige Gesellschaft zeichnet sich durch eine stetig zunehmende Komplexität und einen hohes Lebenstempo aus. Der Fortschritt treibt die Menschen als Mitglieder dieser Gesellschaft permanent voran und warnt vor dem Stehenbleiben. Immer mehr Handlungen in immer weniger Zeit quetschen, immer eine noch bessere Technik entwickeln, um noch mehr Zeit zu sparen - das ist die Prämisse. Am Ende, so die Utopie, bleibt mehr Zeit für schöne Dinge. Nur ist es paradox: Durch die Beschleunigung sämtlicher Handlungsabläufe bleibt am Ende eher das Gefühl, noch weniger geschafft zu haben und noch mehr unter Zeitdruck zu stehen. Diesen Zustand der akuten Zeitnot betiteln Kritiker spöttisch als angina temporis. Hinter alledem steht die grundlegende Frage: Was ist Zeit eigentlich? 'Gleichgültig ob Zeit nun philosophisch, psychologisch oder physikalisch betrachtet wird, sie zeigt stets das Moment von Veränderung an. Aspekte der Zeit kennzeichnen Vorgänge des Werdens und der Veränderung von Zuständen. Problem ist, daß der Mensch kein Sinnesorgan besitzt, mit welchem er Zeit wahrnehmen kann. So ist es nie möglich gewesen, zu definieren, was Zeit letztendlich ist' (DEISEN 2002, 89). Der Aussage Benjamin Franklins 'Zeit ist Geld' aus dem 18. Jahrhundert gilt heute mehr denn je. Denn Natur, Gesellschaft und Individuum unterliegen den Zwängen einer wirtschaftlichen Ordnung, die alles andere zu überlagern scheint und deren einziges Ziel es ist, das Wachstum voranzutreiben. Jedoch zeigt sich zunehmend, dass Natur und Individuum nicht in der Lage sind, der kapitalistischen Marktwirtschaft standzuhalten. Ressourcenschwund auf Seiten der Natur und Überforderung auf Seiten der Menschen lassen erkennen, dass sich die Gesellschaft ungehalten in eine Sackgasse manövriert, und das mit dem Befehl von ganz oben. So ist der Regierungserklärung von Angela Merkel aus dem Jahr 2009 folgendes zu entnehmen: 'Wachstum zu schaffen, das ist das Ziel unserer Regierung. [...] Ohne Wachstum keine Investitionen, ohne Wachstum keine Arbeitsplätze, ohne Wachstum keine Gelder für die Bildung, ohne Wachstum keine Hilfe für die Schwachen' (DIE BUNDESREGIERUNG 2009). Die Natur ist nicht auf permanentes Wachstum angelegt, sondern funktioniert in Zyklen und braucht Zeit, sich zu regenerieren. Der Mensch braucht Zeit, individuell zu reifen. Beide verfügen über System- und Eigenzeiten, die nicht einfach aus den Angeln gehoben werden können.