Von Moskau nach Beirut

Im Sommer 2022 jährt sich der Libanonkrieg zum 40. Mal: 1982 rief Israels Libanon-Offensive heftige Reaktionen in der westlichen Öffentlichkeit hervor, die damals noch nicht zum Standardrepertoire der Berichterstattung gehörten. In den Massenmedien wurde der jüdische Staat des Völkermords an der palästinensischen Bevölkerung bezichtigt und die Israel angekreideten Verbrechen mit denen der Nazis gleichgesetzt. Während in der arabischen Welt und den meisten sozialistischen Staaten diese Gleichsetzung bereits seit Israels Staatsgründung im Jahr 1948 an der Tagesordnung war, bedurfte es in der westlichen Welt, wie Léon Poliakov anhand eindrücklicher Beispiele und Quellen nachweist, einer längeren Entwicklung, um diese Form antisemitischer Desinformation für sich zu entdecken und zu popularisieren. Poliakov war diese Neuerung Anlass für seinen 1983 auf Französisch publizierten Essay De Moscou à Beyrouth. Essai sur la désinformation, der nun zum ersten Mal in deutscher Sprache erscheint. Hier analysiert er die antisemitische Propaganda und die damit einhergehenden judenfeindlichen Exzesse, die sich im Zuge der israelischen Intervention im Libanonkrieg bahnbrachen. Um zu beantworten, wie es so weit kommen konnte, zeichnet er die Entwicklung des Antisemitismus im 20. Jahrhundert nach, insbesondere die Transformation, die dieser in der Sowjetunion erfuhr, und schildert die zentrale Rolle, die die stalinistische Propaganda hierbei spielte. Er beschreibt die Radikalisierung des arabischen Antisemitismus durch die Protokolle der Weisen von Zion, die als Schlüsseldokument des modernen Antisemitismus betrachtet werden können. Diese Propagandaschrift leistete der Projektion einer jüdischen Weltverschwörung Vorschub und ermöglichte es so, die Juden zu den neuen Nazis zu erklären. Ein Wahn, der als wesentliche Ursache der vermeintlichen Unlösbarkeit des Konflikts zwischen der arabischen Welt und Israel betrachtet werden kann. Eine Tatsache, von der diejenigen, die Israel unter Verweis auf das >VölkerrechtUnterdrückten

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