Von der Entmündigung zur persönlichen Betreuung

Diplomarbeit aus dem Jahr 1997 im Fachbereich Soziale Arbeit / Sozialarbeit, Note: 2, Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg (Fachbereich Sozialwesen), Sprache: Deutsch, Abstract: Das früher geltende Entmündigungs-, Vormundschafts- und Pflegschaftsrecht brachte für die betroffenen Menschen weitreichende Folgen der Entrechtung und Bevormundung mit sich. Durch Amtsvormünder/-pfleger und Berufsvormünder/-pfleger wurden die Betroffenen zudem in den meisten Fällen nur anonym verwaltet. Mit einem Sachverständigenbericht über die "Lage der Psychiatrie in Deutschland" wurde Anfang der 70er Jahre erstmals eine breite Öffentlichkeit auf diese Missstände aufmerksam. Dennoch dauerte es fast zwanzig Jahre, bis schließlich eine Reform der alten Rechtslage durchgesetzt werden konnte. Das neue Betreuungsgesetz wurde in der Fachwelt mit einer großen Erwartungshaltung aufgenommen. Es stärkt deutlich die Rechte des Betroffenen im Verfahren und zudem wird eine Betreuung nur in den Bereichen eingerichtet, wo eine Hilfe notwendig ist. Der Betreute soll soweit wie möglich sein Leben nach eigenen Vorstellungen gestalten können. Anders als zu Beginn befürchtet, konnte das Betreuungsgesetz in der Praxis gut umgesetzt werden. Regeln für den Umgang mit hilflosen Menschen sind wahrscheinlich so alt wie die Menschheit selbst. Es spricht vielen dafür, dass die zentrale Problematik dieses Rechtsgebietes, nämlich das Spannungsfeld zwischen Fürsorge und Entrechtung, genauso alt ist. Religiöse, kulturelle und soziale Wertvorstellungen, die einem ständigen Wandel unterliegen, bestimmen maßgeblich politische Entscheidungen, welche letztlich das mitmenschliche Verhalten vorschreiben. Die politische Gesellschaftsordnung bestimmt aber nicht nur die Regeln im Umgang mit kranken und hilfsbedürftigen Menschen, sondern sie definiert in entscheidendem Ausmaß auch, wer oder was als krank oder normal zu gelten hat. So gibt es noch heute viele Länder auf der Erde, in denen zahllose politisch andersdenkende Menschen in Gefängnisse oder psychiatrische Kliniken gesperrt werden. Erinnert sei auch an das finstere Kapitel des Nationalsozialismus, in dem der Gedanke des Sozialdarwinismus und der Vernichtung "lebensunwerten Lebens" zu Zwangssterilisationen und massenhafter Tötung von kranken und behinderten Menschen führte.