Vorfahrt für die Bürgergesellschaft - Sozial ist, was Verantwortung schafft?

Essay aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Politik - Sonstige Themen, Note: 1,0, Universität Leipzig (Institut für Politikwissenschaft), Veranstaltung: Das Geheimnis der Ordnung, Sprache: Deutsch, Abstract: Obgleich ein nicht unerheblicher Teil der Bürgerschaft die zivile Gesellschaft, und somit kollektiv sich selbst, wohl als in gleichem Maße unabhängige wie potente Kraft im Staate neben Politik und Wirtschaft versteht, gleicht diese Vorstellung von Demokratie einem Anachronismus. Längst hat sich eine hybride Gemengelage verschiedenster Interessen, Machtkonstellationen und Menschenführungstechniken generiert, in der Grenzen porös, staatliche, wirtschaftliche sowie zivile Aspirationen undifferenzierbar werden. Unterm Kochdeckel der Globalisierung erwärmt sich nicht nur Mutter Erde, auch der zunehmende, traditional-familiäre Gesellschaftsbande zerstörende Individualismus erhitzt - befeuert durch einen beinahe unbegrenzten Pluralismus an Lebensmöglichkeiten - die Gemüter der politischen Elite Deutschlands. Soziale Sicherungssysteme verurteilt der demographische Wandel zum Scheitern. Der Umbau des Sozialstaats erscheint als unabwendbare Notwendigkeit, was dann Protest schafft, wenn der individuelle Wohlstand sinkt: 'Wo die Sozialkassen in Schwierigkeiten geraten, soll das freiwillige soziale Engagement helfen.' Doch ist die Intention zur, als Erfordernisses propagierten, Ausweitung einer selbstständigen Bürgergesellschaft nur jener ökonomischen Dimension geschuldet? Oder korrelieren nicht vielmehr Komponenten wie Politisierung, Identitätsstiftung oder Wertevermittlung als wichtige Bestandteile einer funktionierenden Zivilgesellschaft? Ziel des Essays ist es folglich - vor dem Hintergrund der chronologischen Genese und Wandlung der 'Zivilgesellschaft' - oben stehenden Auszug aus dem CDU-Grundsatzprogramm kritisch zu analysieren, widersinnige Ambiguität zu eruieren und den Fokus schließlich auf neue Formen der modernen Menschenführung zu richten, welche sich des Potenzials der zivilgesellschaftlichen Komponenten bedient. Die auf den ersten Blick augenscheinliche Paradoxie der Förderung bzw. Forderung eines Milieus, welches eine derart gewaltige - man erinnere sich der polnischen Gewerkschaft Solidarno??; generell der nach Freiheit strebenden BürgerInnen des ehemaligen Ostblocks - oppositionelle Kraft in sich birgt, wird sich somit relativieren. Und generell gilt es zu hinterfragen: 'Immer dann, wenn Begriffe der politischen Philosophie [Anm.: Zivilgesellschaft] in den wohlfeilen Gebrauch der Alltagssprache übergehen, ist Vorsicht geboten. (...) Der umworbene Begriff droht, seine inhaltliche Substanz zu verlieren.'

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