Wir beschäftigen uns in diesem Band mit einer öffentlich und wissenschaft­ lich gerne übersehenen Gruppe von Menschen -die nicht nur auf grund ihrer steigenden Zahl mehr Aufmerksamkeit und Achtung verdient. Ledige alleinlebende kinderlose alte Frauen - allein die Häufung der Adjektive, um sie zu beschreiben, das Fehlen eines prägnanten Begriffs in unserer Sprache signalisiert, daß man sich nicht oft mit ihnen befaßt. In der Öffentlichkeit changiert ihr Bild oft zwischen 'sitzengebliebener grauer Jungfer' und 'bemitleidenswerter Sklavin herrischer Eltern'. Das verbreitete Bild der 'selbständigen ungebundenen Karrierefrau' ist hingegen mit Frauen ihrer Altersgruppe kaum assoziiert. In der Forschung fuhren sie, wenn, dann ein 'Kontrollgruppendasein', genutzt als Vergleich zur 'Normalpopulation' verheirateter Mütter im Alter. Anscheinend müssen wir sie über Defizitcharakteristika gegen die he- schende Normalität abgrenzen: Sie haben keinen Partner (und nie oder lange keinen gehabt). Sie leben nicht mit anderen im Haushalt zusammen. Sie haben keine Kinder. Sie sind nicht jung. Und Männer sind sie auch nicht. Sind Frauen einer Alterskohorte über 60, deren Leben und Lebenslauf zen­ tral vom Zweiten Weltkrieg, der Vor- und Nachkriegszeit geprägt wurde, eine Avantgarde eines 'anderen' Lebensstils und einer 'anderen' sozialen Lebensform? Eine Diskussion det Moderne, die in Piuralisierungen von Lebensstilen und Lebensformen und Individualisierungen von Lebensläufen und Lebensgestaltungen schwelgt, die die wachsende Selbstgestaltung von Frauenleben gerade bei Berufstätigen hervorhebt und die insbesondere auch die vielfaltigen Variationen des jungen Single-Daseins entfaltet, blendet eine Gruppe weitgehend aus, die ihr Leben, gewollt oder ungewollt, ohne Ehe­partner und ohne Kinder gelebt hat und lebt.

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