Werthers Liebe zu Lotte - Die Hoffnung auf die Rückgewinnung des verlorenen Objekts

Studienarbeit aus dem Jahr 2005 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 2,0, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Veranstaltung: Hauptseminar, Sprache: Deutsch, Abstract: Der psychoanalytisch orientierte Literaturwissenschaftler Rüdiger Scholz schrieb einmal: "In der Literaturwissenschaft und auch in der psychoanalytischen Literaturinterpretation gelten Beziehungskonflikte als Kern der schicksalhaften Handlungen in Drama, Ballade und Epik und weitgehend auch als Ursache der Seelenöffnung in der Lyrik." [Auer, Elisabeth: "Selbstmord begehen zu wollen ist wie ein Gedicht zu schreiben". Eine psychoanalytische Studie zu Goethes Briefroman "Die Leiden des jungen Werther". Edsbruk, 1999, S.94] Was den Roman Die Leiden des jungen Werther betrifft, so kann man hier meiner Meinung nach nicht von "natürlichen" Beziehungen sprechen. In diesem Werk handelt es sich um Objektbeziehungen, wobei vor allem die Liebe Werthers zu Lotte von entscheidender Bedeutung ist. Warum ich hier von "Objektbeziehungen" spreche und ausgehe, das möchte ich in den folgenden Kapiteln meiner Arbeit aus einer psychoanalytischen, vor allem aus einer objektbeziehungstheoretischen Perspektive erläutern, ist doch die Werther-Gestalt stets von einer unbestimmten Sehnsucht getrieben, deren Wurzeln und Ursachen nachzugehen, ich bei meiner Themensuche als sehr interessant erachtete. Dabei richte ich mein Augenmerk auf die beiden Muttergestalten in Werthers "Leben", seine Mutter und Lotte. Fühlte sich Werther stets von seiner Mutter ungeliebt und unverstanden, so versucht er diese Zuneigung in Lotte zu finden, die ihm in ihrem mütterlichen Wesen das nötige Verständnis für seine innigen Gefühle entgegenbringt. Da Charlotte Sophie Henriette Buff das Vorbild für die Figur der Lotte in Goethes Werther war, werde ich auch ihre Beziehung zu Johann Wolfgang kurz beleuchten, lässt sie einen die Werther-Person und dessen Liebe zu Lotte womöglich besser begreifen. Ein weiteres Kapitel widme ich den infantilen Zügen Werthers, die bedingen, dass sich dieser überhaupt in eine solch fatale Abhängigkeit begeben kann. Sein innigster Wunsch ist es, die bedingungslose Liebe eines Menschen zu erringen, was ihm als Kind aus seiner Sicht verwehrt blieb. Kapitel sechs soll schließlich die formalen Elemente der Form und Sprache des Romans abhandeln. Die Wahl dieses Themas für die Abschlussarbeit des Hauptseminars "Vom Sturm und Drang zur Klassik", das im Wintersemester 2003/2004 am Germanistischen Seminar der Universität Heidelberg stattgefunden hat, ist das Ergebnis eines Versuchs, meine beiden Studienfächer Germanistik und Psychologie insofern thematisch zu kombinieren, dass ich in meinen Studien stets nach Schnittstellen suche, an denen sich beide Wissenschaften berühren oder gar überschneiden. Billigt man nämlich dem Werther-Roman mit seinen eingeschobenen Verweisen und Andeutungen auf Werthers Kindheit tiefenpsychologische Aufschlusskraft zu, und das kann meines Erachtens niemand leugnen, so kann man dem Text einen erstaunlichen Fundus an Erkenntnissen abgewinnen, was für mich den Ausschlag für die vorliegende Arbeit gab.

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