Windweit der Mensch

Thomas Christen gelingen in seinem neuesten Lyrikband immer wieder überraschende, stimmige, manchmal paradoxale, mindestens aber ungewöhnliche Sprachbilder. Veranschaulichungen von Lebenseinsichten, ohne dass Altklugheit aufscheint, oft gewürzt mit Schmerz oder Resignation, aber nie ohne die Grundhaltung der Lebensbejahung. Man hört viel von dem, was an der Schwelle von Spätromantik zur Moderne im Arsenal lyrischer Tradition eingelagert und von avantgardistischen Formen-Zertrümmerern links liegen gelassen wurde: Heines frechen Witz, die Sprachmelodien Rilkes, die Disparatheiten van Hoddis¿. Ist es ein Makel, dass Reime und metrische Formen in einer Opulenz verwendet werden, die man lange vermissen musste? Wir reden hier nicht von neuem Wein in alten Schläuchen. Thomas Christen nimmt seine Themen aus dem Hier und Heute und gibt ihnen ihre ganz eigene Form. Er gibt auf Fragen Antworten, die man so noch nicht gehört hat. Es tut gut, dass hier Lyrik, tief in der Tradition wurzelnd, zu neuer Gestalt gewachsen ist.

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