Wir sind nicht auf der Welt, um zu schweigen

Wir sind nicht auf der Welt um zu schweigen ist der Titel einer etwas unkonventionellen ¿Einleitung in die Rhetorik¿. Sie ist keine Einführung in deren Geschichte oder System, sondern legt das spezifische Frageinteresse der Rhetorik frei. Seit der Antike fragt die Rhetorik nach den Bedingungen überzeugter Zustimmungsnötigung als Basis überlebensnotwendiger Kooperation. Der notorische Konflikt der Rhetorik mit der Philosophie resultierte aus der unterschiedlichen Funktionalisierung dieser Zustimmungsnötigung: Soll sie bloß als Konzession an die intellektuelle Schwäche von Menschen geduldet werden, um sie so für die Akzeptanz von Wahrheitsansprüchen zu gewinnnen (so Platon), oder muss man in der überzeugten Zustimmungsnötigung vielmehr den eigentlichen Grund möglicher Wahrheitsgeltung sehen (so die Sophistik)? Entschieden wurde dieser Konflikt nach Hans Blumenberg erst, als sich direkte Wege zur Wahrheit philosophisch nicht mehr seriös versprechen ließen. Dadurch konnte das rhetorische Prinzip überzeugter Zustimmungsnötigung endlich auch philosophisch zu einem attraktiven Geltungsprinzip unter Bedingungen der Moderne werden. Wenn daher heute etwas Rhetorik aktuell macht, dann ist es die Modernität dieses überzeugungs- bzw. zustimmungsabhängigen Geltungsprinzips.

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