Wirkstoffe

Unter dem Begriff 'Wirkstoffe' wurden in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ausschließlich Enzyme, Hormone und Vitamine verstanden. Während die erst in den 1920er Jahren isolierten Hormone und Vitamine vereinte, dass sie selbst in kleinster Menge Mangelzustände aufhoben, verwiesen Enzyme auf die Fähigkeit, stoffwechselchemische Prozesse zu beschleunigen. Wirkstoffe, das waren unsichtbare, für das Funktionieren des Organismus jedoch unerlässliche chemische Agentien.

Der Braunschweiger Wissenschaftshistoriker Heiko Stoff zeigt in seiner Studie, dass die wissenschaftlich erarbeiteten, staatlich geförderten und industriell produzierten Wirkstoffe eine neue Physiologie des leistungsstarken  Körpers begründeten und zugleich als präventive und optimierende Arzneimittel funktionierten. Insbesondere im Nationalsozialismus kam den Wirkstoffen eine zentrale Funktion bei der Leistungssteigerung und bevölkerungspolitischen Regulierung des 'Volkskörpers' zu. Gerade die Kompetenz der Wirkstoffe, in Experiment und Klinik erstaunliche Leistungen zu vollbringen, machte diese zugleich verdächtig, unerwünschte Reaktionen hervorzurufen.



Heiko Stoff, geb. 1964, ist Vertretungsprofessor für Wissenschafts- und Technikgeschichte am Historischen Seminar der TU Braunschweig. In seinen Forschungsarbeiten bewegt er sich zwischen Wissens-, Kultur-, Ding- und Diskursgeschichte. Er hat aber auch zur Geschichte der Geschlechter und Sexualitäten, des Alters und der Verjüngung, der Wirkstoffe und prekären Stoffe, der Leistung und des Erfolgs publiziert.

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