Wirkungen des Bologna-Prozesses auf die Ausbildung des unternehmerischen Selbst

Bachelorarbeit aus dem Jahr 2009 im Fachbereich Soziologie - Arbeit, Ausbildung, Organisation, Note: 1,0, Universität Leipzig (Institut für Soziologie), Sprache: Deutsch, Abstract: Das gesellschaftliche Leitbild des 'Unternehmers in jeder Lebenslage' gewinnt als kategorischer Imperativ der Gegenwart immer mehr an Bedeutung. Dieses unternehmerische Selbst ist rational, eigenverantwortlich, flexibel, innovativ, kundenorientiert und durch fortwährend Selbstoptimierung geprägt. In der Figur des 'Arbeitskraftunternehmers' wird das unternehmerische Selbst als Idealtypus verkörpert: Dieser kontrolliert sich und seine Arbeitsleistung zunehmend selbst, er versteht sich als Unternehmer seiner eigenen Arbeitskraft, 'produziert' und 'vermarktet' seine Fähigkeiten und Leistungen, organisiert seine Arbeitsabläufe selbstständig und in zunehmend rationaler, 'verbetrieblichter' Weise und richtet sein gesamtes Leben nach rationalen, 'selbstunternehmerischen' Kriterien aus. Ohne die Entwicklung selbst moralisch bewerten zu wollen, lässt sich die Bedeutung dieser unternehmerischen Subjektivierungsform in Wirtschaft und Gesellschaft des 21. Jahrhunderts doch nicht leugnen. Bislang galt es in Deutschland als 'Common Sense', dass das Studium eigenständiges Denken und Arbeiten fördert, Kreativität, Rationalität und Organisationsfähigkeit schult und damit zur Ausbildung von Eigenschaften und einer Identität im Sinne des unternehmerischen Selbst beiträgt. Im Zuge der Umsetzung des Bologna-Prozesses in Europa jedoch wird - mit dem Ziel höherer internationaler Vergleichbarkeit - das bisherige Studiensystem in Deutschland (mit den einzügigen Studienabschlüssen Diplom, Magister etc.) auf ein neues zweistufiges System mit dem Bachelor als Regelstudienabschluss und aufbauenden oder weiterbildenden Masterstudiengängen als zweite, stärker zulassungsbeschränkte Stufe umgestellt. Die neue Studienstruktur hat gegenüber den alten Studiengängen im Allgemeinen den Ruf, wesentlich stärker vorstrukturiert und damit straffer und 'verschulter' organisiert zu sein. Die Mitgestaltungsmöglichkeiten der Studierenden bezüglich der Organisation und der Inhalte ihres Studiums - also ihr persönlicher Handlungsspielraum - wird durch die Modularisierung der Studieninhalte stärker eingeschränkt, als es in den alten Studiengängen der Fall ist. Was bedeutet die durch die Umstellung des Studiensystems eingetretene strukturelle Veränderung in der Ausbildung des akademischen Nachwuchses - der Ausbau externaler Kontrollmechanismen - für die Entwicklung sogenannter 'unternehmerischer' Eigenschaften? Dieser Frage wird in der hier vorliegenden empirischen Fallstudie nachgegangen.

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