Wirtschaftsethik und Unternehmensführung

Die Internationalisierung der Wirtschaft hat zu einem enormen Anstieg der Komplexität und Dynamik sozio-ökonomischer Systeme geführt. Um diese Entwicklung zu beherrschen, begann im letzten Viertel des vorigen Jahrhunderts die Suche nach neuen Politiken, Strategien und Strukturen zur Steuerung komplexer Systeme.
Der Zielanspruch mit Komplexität und Dynamik umzugehen erfordert einen grundlegenden Paradigmenwechsel. Die Grenzen und die mangelnde Funktionalität des von einer opportunistischen Unternehmenspolitik und 'Managementethik' beherrschten und langsam obsolet werdenden Managementparadigmas, sind klar ersichtlich. Die Probleme in unserer heutigen und zukünftigen Welt sind mit opportunistisch geprägten Paradigmen nicht mehr lösbar. In der Übergangszeit eines Paradigmenwechsels werden die Manager sozio-ökonomischer Systeme mit großen Anpassungsproblemen konfrontiert. Wollen sie diese Probleme lösen, muss sich auch das Denken und der Zielanspruch der Unternehmenseigentümer (Investoren) und deren mit der Unternehmensführung beauftragten Manager radikal ändern. Sie müssen erkennen, dass der Zweck der Unternehmen nicht in der Erzielung maximaler Gewinne, sondern in der Stiftung eines optimalen Nutzens für ihre Kunden und für die Gesellschaft liegt. Um diesen Unternehmenszweck zu erfüllen, muss eine Hinwendung zu einer verpflichteten Unternehmens- und Managementphilosophie erfolgen.

Seit vielen Jahren übe ich den Beruf des Wirtschaftsprüfers und Steuerberaters aus. Beide Berufe unterliegen einer Fülle von gesetzlichen und berufsrechtlichen Reglementierungen, die von außen in Form einer sogenannten Regionalethik vom Gesetzgeber und den nationalen und internationalen berufsständischen Vertretungen verordnet werden. Die Freiräume für einen ganzheitlichen Denkansatz bei Problemlösungen unter Einbezug vieler Wissenschaftsgebiete sind sehr begrenzt. Das Involvieren wirtschaftswissenschaftlicher, psychologischer, soziologischer und philosophischer Erkenntnisse in Problemlösungsprozesse tritt - nach meiner Wahrnehmung - mehr und mehr in den Hintergrund. Dominierend ist die Rechtswissenschaft. Die Dominanz dieser Wissenschaft hat in den letzten zehn Jahren beide Berufe mit gesetzlichen und berufsrechtlichen Normen sowie Standards überfrachtet. Im eigenen Unternehmen sind fast kaum Freiräume zur Schaffung individueller Unternehmensführungsgrundsätze vorhanden. Die Unternehmensverfassung, Unternehmenspolitik und Unternehmenskultur werden im Wesentlichen fremdbestimmt.
Aufgrund dieser Dilemmasituation habe ich in all den Jahren Wert darauf gelegt, wenigstens im Rahmen meiner Beratungsaufträge für Unternehmen der Realwirtschaft, das Management für einen ganzheitlichen Denkansatz unter Einbezug von Ethik und Moral im Zusammenhang mit der Führung von Unternehmen zu begeistern. In vielen Fällen ist mir dies gelungen.

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