Rétif de la Bretonne gilt oft als blosser Pornograf. Tatsächlich hat er aber eine Ergänzung zu Sades Bild der Aristokratie in seinen freizügigen Schilderungen der niederen Stände geliefert. De Sade war ein Kontrahent Rétifs. Zu seinen skurrilsten Einfällen gehört die Idee, per Gesetz die Verheiratung aller 16-jährigen Männer mit 32-jährigen Frauen zu gebieten. Nach 16 Jahren sollten diese Ehen automatisch geschieden werden, um dann wiederum eine jüngere zu heiraten. Als Schilderer der Sitten der französischen Revolutionszeit hat ihn Iwan Bloch gewürdigt. Rétif konnte sich rühmen, jenseits des Rheins der meistgelesene (französische) Autor zu sein.

Nicolas Edmonde Restif de la Bretonne wurde als achtes von vierzehn Kindern geboren. Sein Vater war ein vermögender Bauer. Von zwei Halbbrüdern, die Geistliche gewesen sind, erhielt er seine einzige Schulausbildung. Nach einer ersten heute nicht belegbaren Vermählung heiratete er Agnès Lebègue; die Ehe wurde 1794 wieder aufgelöst. Restif de la Bretonne war seit seinem fünfzehnten Lebensjahr gelernter Drucker; sein Gesamtwerk besteht aus mehr als 200 Bänden.