Zentrale Peripherie

Berlin-Buch ist seit fast 90 Jahren ein Zentrum der biomedizinischen Forschung in Deutschland. 1930 siedelte sich hier das Kaiser-Wilhelm-Institut für Hirnforschung (KWIH) an, das mit seinem Programm interdisziplinärer Neurobiologie international wegweisend, aber auch beispielhaft für die Selbstmobilisierung medizinischer Wissenschaft im NS-Staat war. 1947 wurde in den Gebäuden des KWIH das Institut für Medizin und Biologie (IMB) der Deutschen Akademie der Wissenschaften gegründet, das schrittweise zum Mittelpunkt der biowissenschaftlich-medizinischen Forschung in der DDR ausgebaut wurde. Die Entwicklung dieses multidisziplinären Institutskomplexes spiegelt die grundsätzlichen Merkmale und Probleme des realsozialistischen Wissenschaftssystems ebenso wider wie den Wandel von Konzepten und Praktiken auf wesentlichen Feldern der experimentellen Biologie und der klinischen Medizin.

Bernd Gausemeier verfolgt anhand der Geschichte des Wissenschaftsstandortes Buch die Wechselbeziehungen von Wissenschaft und Politik in drei politischen Systemen sowie globale Entwicklungstendenzen der Lebenswissenschaften im 20. Jahrhundert.



Bernd Gausemeier ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Geschichte, Ethik und Philosophie der Medizin der Medizinischen Hochschule Hannover. Er hat zur Geschichte der Eugenik, der Vererbungsforschung und der medizinischen Statistik im 19. und 20. Jahrhundert sowie über die experimentellen Biowissenschaften im Nationalsozialismus publiziert. Gegenwärtig forscht er vor allem zur Automatisierung und Rationalisierung in der Labormedizin.