Zur Bedeutung der Horizontalwirkung von EU-Grundrechten

Die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung zur grundgesetzlichen Drittwirkung von Grundrechten nimmt für sich in Anspruch, den Schutz des Individuums vor einer unangemessenen Ausbeutung durch wirtschaftlich übermächtige Akteure auszuweiten. Sie sieht sich deswegen als Gegenspielerin eines ungezügelten Vorrangs der Ökonomie. Dieser Annahme stellt sich Christopher Unseld entgegen. Nach seiner These befeuert die unbeschränkte Horizontalwirkung von Grundrechten eine ökonomisch imprägnierte Abwägung. Indem das Recht unser Leben rational durchdekliniert, wird es zu einer im Allgemeinen nicht mehr greifbaren Masse. Dies verdeutlicht der Autor auf Grundlage der Gouvernementalitätsschriften Michel Foucaults einerseits und eines ausführlichen Rechtsvergleichs - mit der Rechtsprechung des US Supreme Court und des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) - andererseits. Die abwägungs- und horizontalwirkungsfreundliche Rechtsprechung des EuGH erscheint dabei in einem neuen Licht.

Geboren 1983; Studium der Rechtswissenschaften in Hannover und Zaragoza; Masterstudium an der University of Michigan Law School in Ann Arbor (USA); Fellow des DFG-Graduiertenkolleg 'Verfassung jenseits des Staates'; Promotion an der Humboldt-Universität zu Berlin; Referendariat im Kammergerichtsbezirk Berlin; derzeit Rechtsanwalt in Berlin.