Zur Rolle der Phantasie in Karl Philipp Moritz' "Anton Reiser"

Studienarbeit aus dem Jahr 2013 im Fachbereich Literaturwissenschaft - Moderne Literatur, Note: 2,7, FernUniversität Hagen, Sprache: Deutsch, Abstract: Mit dem Beginn der Moderne im 18. Jahrhundert fiel der Blick der Menschen verstärkt auf das eigene Wesen mit seinen Empfindungen und Befindlichkeiten sowie den Zusammenhängen von Körper und Geist. Die Rolle der Psyche rückte mehr und mehr in den Mittelpunkt des Interesses und in diesem Zusammenhang entwickelte sich eine neue Lehre vom Menschen, die Anthropologie. Diese spielte auch in der Literatur eine Rolle. Karl Philipp Moritz, der ebenfalls ein ¿Magazin der Erfahrungsseelenkunde¿ ins Leben rief, schrieb den Roman ¿Anton Reiser¿, den er selbst als psychologischen Roman untertitelte. Es handelt sich um die autobiografische Schilderung des Autors, in welcher dieser den Versuch unternimmt, sein eigenes Leben aus psychologischer Sicht darzustellen. Eine wichtige Rolle für den Romanhelden Anton Reiser spielt dessen Einbildungskraft. Von Kindheit an flüchtet sich Anton in Phantasien, die nach und nach immer weitere Ausmaße anzunehmen scheinen. Hilfsmittel dafür sind ihm unter anderem das Lesen und das Theater. Anton Reisers Leben wird als ein Leben unter problematischen Umständen beschrieben. Die Folgen davon sind Realitätsflucht und das intensive Erleben der Phantasie. Die dazu führenden Hintergründe und Beschaffenheiten sowie speziell die Rolle der Phantasie im ¿Anton Reiser¿ sollen in der vorliegenden Arbeit näher betrachtet werden. Es werden dabei zunächst Antons Lebensumstände zur Verdeutlichung herangezogen. Aspekte wie Ablehnung, Demütigung und Unterdrückung sollen als Ursachen der charakterlichen Entwicklung, des Ausschlusses aus dem Leben und der vermeintlichen Realitätsflucht Antons dargestellt werden. Im weiteren Teil der Arbeit werden Antons Vorlieben für Predigten, Bücher und das Theater genauer betrachtet. Diese werden als Reaktionen auf die beschriebenen Lebensumstände dargestellt und bedeuten somit das direkte Ausleben der Realitätsflucht. Ebenfalls wird Antons vermeintliche Freude am Leiden, "the joy of grief" als Themenpunkt aufgegriffen. Eine Charaktereigenschaft, die gemeinsam mit den Ausflüchten in Phantasien, ebenfalls auf Antons Lebensumstände, speziell die Kindheitserfahrungen zurückzuführen ist. In der anschließenden Schlussbetrachtung werden die Erkenntnisse kurz zusammengefasst und um einige Bezüge hinsichtlich einer vermeintlichen Krankheitsgeschichte des Protagonisten erweitert. Deutlich herausgestellt werden sollen die Rolle der Phantasie und die damit verbundene Realitätsflucht Antons.