Zur Transformation von Zivilrecht und Wirtschaftsordnung im postsozialistischen Osteuropa Zivilrechtsordnung und Privatisierung - 2 Aufsätze

Studienarbeit aus dem Jahr 2005 im Fachbereich Jura - Andere Rechtssysteme, Rechtsvergleichung, Note: 16 Punkte (1+), Universität Hamburg (Fakultät für Rechtswissenschaft, Abteilung für Ostrechtsforschung), Veranstaltung: Prof. Dr. Otto Luchterhand: Einführung in das Ostrecht (III) - Transformation von Zivilrecht und Wirtschaftsordnung, Sprache: Deutsch, Abstract: Am Beispiel der polnischen Veränderungen des Zivilrechtes kann man wohl am Deutlichsten nachzeichnen, wo die Gewichtungen der Abänderungen lagen. Die sozialistische Zivilrechtsreform von 1964 schuf für Polen zum ersten Mal einen einheitlichen Zivilrechtsraum. Zumindest formal hatten zuvor bis zu diesem Zeitpunkt vier Rechtstraditionen auf polnischem Nachkriegsboden Geltung. Im Süden galt die lange Tradition des Österreichischen BGB von 1811, im preußischen Norden wirkte die Tradition des Bürgerlichen Gesetzbuches von 1900 aus dem Deutschen Reich nach, während der Ostteil des Landes russischer Gesetzgebung unterlag. Der auf dem Wiener Kongress von 1815 aus der Taufe gehobene 'freie' Teil 'Kongresspolens' unterlag weitgehend der Tradition des Code Napoléon. Erst 1964 sollten diese teils sehr gegensätzlichen Rechtsrelikte in ein einheitliches Zivilgesetzbuch überführt werden. Zwar handelte es sich formal um ein abgeschlossenes Zivilgesetzbuch, welches nur das Familienrecht ausklammerte, in Artikel 1 § 1 jedoch erhielt der Ministerrat in Funktion als politisches Gremium die Befugnis, jederzeit Sonderregelungen zu erlassen. Dies führte zu der faktischen Auftrennung zwischen gewöhnlichem Zivilrecht und Wirtschaftsrecht mit eigenen Rechtskörpern. Hierzu passte auch die Einrichtung von Wirtschaftsgerichten, die als Arbitrage-Gerichte bezeichnet wurden. Diese waren weit weniger als unabhängige Wirtschaftsgerichte, vielmehr waren sie verlängerte Arme der politischen Verwaltung des Machtstaates und eher eine Schlichtungsstelle, in deren Arbeit der politisch-ideologische Anspruch bedeutender war, als eine Entscheidung auf wirtschaftlich-objektiver Rechtsbasis.