Zur Venusmotivik in "Das Marmorbild" von Joseph von Eichendorff

Studienarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: sehr gut, Universität Zürich, Sprache: Deutsch, Abstract: Das von Joseph von Eichendorff hauptsächlich 1816/17 verfasste und in Friedrich de la Motte Fouqués ¿Frauentaschenbuch¿ veröffentlichte Marmorbild fand lange Zeit wenig Anklang bei der Leserschaft. Dass die Novelle von der frühen Rezeption als ¿nach der neuesten Schriftstellermode¿, oder als ¿ein Gespensterspuk, ohne viel andere als äusserliche Bedeutung¿ abgelehnt wurde, liegt laut Hanss v.a. an den vielen Formeln, Symbolen und Sinnbildern, die zum Grossteil schon dem Leser des 19. Jahrhunderts nicht mehr vertraut waren und so ein rein inhaltliches Lesen blockierten. Die jüngere Forschungsgeschichte hingegen zeigte bedeutend mehr Interesse an der Geschichte des jungen Dichters Florio, der in der italienischen Kleinstadt Lucca in den fantastischen Bann einer Venusstatue gerät. Sie wies dem Text gar die Bedeutung eines Schlüsseltextes zu und dies gerade wegen seiner früher bemängelten Diffusität. Die vorliegende Arbeit stellt in diesem Sinne einen weiteren Versuch dar, das Marmorbild als einen Text, der über den blossen ¿Gespensterspuk¿ hinaus geht, zu lesen. Dabei wird in einem ersten Schritt der motivische und stoffliche Hintergrund der Venus und der Statuenbelebung erarbeitet, um in einem zweiten Schritt, durch textnahe Lektüre, die vielen mit der Venus in Verbindung stehenden Motive, zu erläutern. Durch das Erarbeiten dieses venerischen Motivkomplexes lässt sich im Text das ¿Venusreich¿ als einen von der übrigen christlichen Welt getrennten Raum beschreiben. Dieser Dualismus bildet die Ausgangslage für einen ersten Deutungsansatz. Darin soll diese Zweiteilung der erzählten Welt in eine heidnische und eine christliche Sphäre auf die Figurenkonstellation übertragen werden. Dies führt zu einer symmetrischen Gegenüberstellung der Figuren. Im Weiteren Verlauf dieser Arbeit wird eine komplexere alternative Lektüre vorgeschlagen. Dabei handelt es sich um einen entwicklungspsychologischen Ansatz. Darauf aufbauend wird im letzten Kapitel ein poetologischer Ansatz vorgestellt. Entwicklungspsychologische und die Poetologische Lektüre sollen nicht als getrennt voneinander, sondern als sich gegenseitig bedingend, angesehen werden. Daraus ergibt sich die Kernidee dieser Arbeit: Die im entwicklungspsychologischen Deutungsansatz erarbeiteten Resultate werden auf normative Aussagen über Dichtungskonzepte übertragen und die poetologische Aussage des Textes soll dadurch in den Vordergrund gerückt werden.