Das deutsche Modell des Flächentarifvertrags: In Zeiten der äußeren Erosion ein schwindender Kern im Zentrum des Systems der industriellen Beziehungen?

Studienarbeit aus dem Jahr 2011 im Fachbereich Soziologie - Arbeit, Ausbildung, Organisation, Note: 1,3, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (Institut für Soziologie), Veranstaltung: Masterkurs: Strukturwandel industrieller Beziehungen, Sprache: Deutsch, Abstract: Im deutschen dualen System der industriellen Beziehungen zwischen Kapital und Arbeit gilt das Prinzip der Tarifautonomie zwischen den abschließenden Tarifparteien als eine der zwei tragenden Säulen, neben der betrieblichen Mitarbeitervertretung durch die Betriebsräte. Doch befindet sich das deutsche Tarifvertragssystem seit Mitte der 90er Jahre in einem stetig voranschreitenden Erosionsprozess, in dem der tariflich abgesicherte Kern zunehmend kleiner und die tarifvertraglich kaum oder gar nicht abgedeckten Bereiche immer größer werden. Dabei befindet sich insbesondere der Flächentarif auf dem Rückzug und es ist fraglich, ob er in Zukunft eher als Relikt aus Zeiten der Produktionsgesellschaft gehandelt wird oder durch Flexibilisierung und Modernisierung seine Zukunftstauglichkeit erfolgreich unter Beweis stellen kann und sich damit in der sich stetig weiterentwickelnden Dienstleistungsgesellschaft seinen Platz im Zentrum des deutschen Systems sichern kann. Wie sich die derzeitige Situation des Flächentarifvertragssystems in Deutschland darstellt und ob der Flächentarifvertrag in Deutschland schon abgeschrieben oder doch noch nicht ganz verloren ist, soll im Rahmen des Themenkomplexes der äußeren Erosion des Flächentarifsystems in dieser Arbeit untersucht werden. Eingangs werden deshalb zunächst die rechtlichen und funktionalen Grundlagen des deutschen Tarifvertragssystems vorgestellt, um auf deren Basis die Entwicklung der den Flächenvertrag abschließenden Tarifvertragsparteien und deren jeweiligen Einfluss auf die Tarifbindung und das Flächentarifsystem analysieren zu können. Anschließend erfolgt die Betrachtung des Ausmaßes und der Entwicklung der Tarifbindung, deren rapider Rückgang seit Mitte der 90er Jahre auch als die 'äußere Erosion des Flächentarifsystems' diskutiert wird. Diese zentrale Betrachtung soll Aussagen über die tatsächliche aktuelle Prägekraft des Flächentarifvertrages für die Tariflandschaft in Ost und West ermöglichen und eventuelle Rückschlüsse auf die zukünftigen Erosionstendenzen erlauben. Im Anschluss daran soll ein kurzer Blick in die Gegenwart und mögliche Zukunft im Umgang mit der Anwendung des Flächentarifvertrags insbesondere am Beispiel der Elektro- und Metallindustrie die Zukunftstauglichkeit des Flächentarifs beleuchten. Abgeschlossen wird dieser Beitrag durch eine zusammenfassende Bewertung der aktuellen Lage und der möglichen Zukunft des Flächentarifvertrages in der deutschen Tariflandschaft.