Die Rassentheorie des Grafen Joseph Arthur de Gobineau. Eine Analyse des 'Essais', seiner Vorläufer und seiner Folgen

Diplomarbeit aus dem Jahr 1998 im Fachbereich Geschichte Europas - Neuzeit, Absolutismus, Industrialisierung, Note: 1,0, Universität Mannheim, Sprache: Deutsch, Abstract: Seit Ende des 18. Jahrhunderts, spätestens seit Anfang des 19. Jahrhunderts, entwickelte sich in Mittel-und Westeuropa ein 'rassisches Denken', durch das die verschiedenen Menschen der Erde in 'Rassen' eingeteilt wurden. Neu war dies freilich nicht, fanden sich doch schon bei Aristoteles ähnliche Elemente wie in den Rassentheorien des 19. Jahrhunderts. Das 'rassische Denken' erreichte nun aber eine neue Dimension. Dieses war bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts nur in einzelnen Fragmenten und Ansätzen vorhanden. Es existierte bis zu diesem Zeitpunkt keine allumfassende Theorie, keine Rassentheorie, in der die verschiedenen Vorstellungen und 'Kenntnisse' über 'Rassen' zusammengefaßt und 'wissenschaftlich' begründet waren. Solch eine Theorie wurde erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts von Joseph Arthur Graf von Gobineau entworfen. In dieser Theorie trat als eine Art Rassenphilosophie zum ersten Mal klar hervor, was bei Ernst Moritz Arndt und 'Turnvater' Friedrich Ludwig Jahn noch unklar angedeutet war: Der biologische Materialismus verkündete die völlige Abhängigkeit des Menschen von seinen Erbanlagen und damit in letzter Konsequenz seine Willensunfreiheit. Joseph Arthur Graf von Gobineau wurde am 14. Juli 1816 in Ville d'Avray bei Paris geboren und verstarb am 13. Oktober 1882 in Turin. Seit 1877 lebte er zurückgezogen und widmete sich ausschließlich seiner schriftstellerischen Arbeit. Diese umfaßte neben seinem 'Rassenwerk' 'Essai sur l'inégalité des races hu-maines' orientalische Studien, kulturgeschichtliche Darstellungen und eine Reihe schöngeistiger Schriften. Gobineau gehörte dem Kreis um Richard Wagner an. Mit seiner Abhandlung 'Essai sur l'inégalité des races humaines', in der er die Gleichwertigkeit der Menschen verschiedener 'Rassen' leugnete und die Überlegenheit der 'arischen Rasse' demonstrieren wollte, übte er auf Richard Wagner, Houston Stewart Chamberlain, Friedrich Nietzsche und die imperialistische Bewegung, die auch im Zusammenhang mit der Theorie des Sozialdarwinismus zu sehen ist, entscheidenden Einfluß aus. Des weiteren lieferte er mit seiner Abhandlung Argumente für den Rassenfanatismus des Nationalsozialismus. In den 'Gestalten der Renaissance' sah er den Ausnahmemenschen, den er verherrlichte, verkörpert. Mit dieser Verherrlichung nahm er Nietzsches Vorstellung vom Übermenschen vorweg.