Die Staatsangehörigkeitsreform von 1999 im Spiegel der Fragen von Staat und Nation

Studienarbeit aus dem Jahr 2004 im Fachbereich Politik - Politische Theorie und Ideengeschichte, Note: 1,3, Freie Universität Berlin (Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft), Veranstaltung: Nationalismus, Sprache: Deutsch, Abstract: 'Es kennzeichnet die Deutschen, daß bei ihnen die Frage 'Was ist deutsch?' niemals ausstirbt.'1 Diese Einschätzung aus dem 19. Jh. erlangte an der Schwelle zum 21. Jh. wieder Aktualität, als sich nach dem Wahlsieg der rot-grünen Koalition der neu gewählte deutsche Bundestag im Jahre 1999 daran machte, das 86 Jahre alte Staatsangehörigkeitsrecht zu reformieren, das in seinen Grundzügen noch aus der Kaiserzeit herrührte. [...] Im Mittelpunkt dieser Arbeit soll die Frage stehen, inwieweit die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts eine Neuformulierung des herkömmlichen deutschen nationalen Selbstverständnisses bedeutet. Dabei sollen die verschiedenen politischen Positionen der Parteien in der emotional geführten Debatte beleuchtet werden, insbesondere bei den beiden Schlüsselfragen der Integration der Ausländer in die deutsche Gesellschaft und der doppelten Staatsbürgerschaft. Um die theoretischen Grundlagen für die weitere Diskussion zu legen, wird im ersten Teil der Arbeit gefragt, was überhaupt eine Nation ausmacht. Was ist eine Nation und was sind die Bestimmungsgründe für die Zugehörigkeit zu ihr? Es wird also der Begriff der Nation und die Definition der Staatsangehörigkeit gegeben. Nähert sich der erste Abschnitt dem Thema aus philosophisch-rechtlicher Perspektive, steht im zweiten Teil der historische Entstehungsprozess der deutschen Nation im Zentrum. Hier wird nach den besonderen Kennzeichen des deutschen Nationsverständnis als dem Gegenentwurf zum französischen Modell gefragt. Daneben wird mit dem sogenannten Etatismus eine weitere spezifisch deutsche Traditionslinie behandelt. Beide Linien, sowohl die ethno-nationale als auch die etatistische, finden schließlich ihren juristischen Niederschlag im Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz (RuStG) von 1913, das für den Rest des Jahrhunderts maßgebend sein wird für die Bestimmung der Frage, wer Deutscher ist. Im dritten Abschnitt schließlich geht es um die politische Debatte um die Staatsangehörigkeitsreform von 1999. Dabei wird versucht, bei der Untersuchung der beiden Kernstreitpunkte - der Integrationsfrage und der Mehrfachstaatigkeit - die zuvor gesammelten Erkenntnisse über Nation und Staatsangehörigkeit einfließen zu lassen. Abschließend befaße ich mich mit der Optionspflicht als Kompromißlösung und gehe auf einige Schwierigkeiten ein, welche dieser Ansatz mit sich bringt.