Der Stadtteil Oberbilk ist als erstes Industrie- und Arbeiterviertel Düsseldorfs in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden. Die ersten Unternehmer kamen nicht aus Düsseldorf, sondern aus frühindustrialisierten Regionen wie Wallo¬nien oder dem Mittelgebirgsraum der Eifel, der bereits durch eine hand-werklich-frühindustrielle Eisenverarbeitung geprägt war. In der ehemaligen Residenz- und Verwaltungsstadt Düsseldorf selbst gab es keine nennenswerte Tradition des produzierenden Gewerbes, jedoch preiswerte Grundstücke mit guter Verkehrsanbindung. Eisen- und Stahlerzeugung sowie metallverarbeitende Betriebe wie Maschi-nen- und Kesselbau prägten die Industrialisierung in Oberbilk. Die Unternehmer brachten nicht nur ihre Ingenieure und Techniker, sondern auch ihre Facharbeiter mit. Später kamen aber auch viele auf der Suche nach Arbeit aus weiter entfernten Regionen, um in der expandierenden Industrie ein Auskommen zu finden. Als Folge zeichnete sich die Bevölkerung des Quartiers von Beginn an durch ein Mit- und Nebeneinander von Menschen unterschiedlicher Herkunft und mit verschie¬denen Traditionen aus. Es war "eine vielsprachige, fremdartige, künstlich geschaf¬fene neue Welt aus vielerlei Kulturen", wie es der in Oberbilk geborene Schrift¬steller Dieter Forte ausgedrückt hat (Forte 1995, 201). Das verbindende Element war die geteilte soziale Lage, die Arbeit in den Fabriken des Stadtteils. Die Zuwan¬derung zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte Oberbilks, von den Anfängen im 19.Jahrhundert bis heute. Nach dem Ende des Zweiten Welt¬kriegs fand Zuwanderung mit dem Zuzug von angeworbenen "Gastarbeitern", von Arbeit¬suchenden auf eigene Faust und von Menschen, die vor Not und Krieg aus vielen Teilen der Welt flüchten mussten, ihre Fortsetzung. Auf diese Weise hat sich die multikulturelle Struktur der Bevölkerung bis in die Gegenwart erhalten. Industrie und Fabrikarbeit haben den Stadtteil räumlich, sozial, aber auch politisch und kulturell bis weit in die 1960er Jahre entscheidend geprägt. Aber im Zuge der Deindustrialisierung, die bereits in den 1960er Jahren einsetzte, ist die Industrie fast vollständig aus dem Stadtbild verschwunden. Zurück blieben freige¬räumte Flächen, die inzwischen zum größten Teil neuen Nutzungen zugeführt wurden, teilweise aber weiter brachliegen. Heute fehlt in der Stadtteilbevöl¬ke¬rung das verbindende Element der gemeinsamen Arbeit in den Fabriken und der geteilten sozialen Lage. Die Unterschiede zwischen den "vielerlei Kulturen" sind sichtbarer geworden und werden auch anders erlebt. Die Oberbilker müssen sich heute in stärkerem Maße selbst um das gedeihliche Zusammenleben im multi¬kulturellen Stadtteil bemühen und bewusst dafür einsetzen.

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