Kanonische Ideale und politische Pragmatik

Das im Jahr 1122 zwischen Kaiser Heinrich V. und Papst Calixt II. geschlossene Wormser Konkordat wird in der Forschung als das Rechtsdokument beurteilt, welches entscheidend zur Beilegung des unter Heinrich IV. begonnenen Investiturstreites beigetragen und die politischen Beziehungen zwischen dem römisch-deutschen König bzw. Kaiser sowie dem Reichsepiskopat nachhaltig verändert habe. Entgegen dieser in der Forschung verbreiteten Annahme wird in der vorliegenden Arbeit indes nachgewiesen, dass die im Konkordat kodifizierten Rechtsnormen keine durchgreifende politische Wirkung im Hochmittelalter entfalten konnten. Anhand von Analysen des Konkordats und seiner Vorgängerverträge von Sutri und Ponte Mammolo sowie unter Berücksichtigung der Praxis der Bischofseinsetzungen unter Lothar III. von Supplinburg und Friedrich I. Barbarossa wird aufgezeigt, dass das gegenwärtig nach wie vor aktuelle Geschichtsbild zum Wormser Konkordat nicht unhinterfragt bestehen bleiben kann. Vielmehr ist zu erkennen, dass sich König, Adel und Kirche des Reiches nur unter der Herrschaft Lothars III. an die Rechtsnormen des Vertrages hielten, hingegen schon in der Herrschaftszeit Friedrichs I. eine unmittelbare Anknüpfung an die politische Praxis der 'ottonisch-salischen Reichskirche' des 10. und 11. Jahrhunderts erfolgt ist.

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